Berlin. .

Unternehmen, die Stromleitungen betreiben, haben derzeit keinen einfachen Job. Zahlreiche Bürgerinitiativen wehren sich gegen die bis zu 70 Meter hohen Masten und die Strahlung der neuen Höchstspannungsleitungen. Doch neuerdings gibt es selbst Protest, wenn eine Stromtrasse in der Erde verlegt werden soll – wie bei Göttingen.

In Elliehausen am Rand der Universitätsstadt wohnt der freiberufliche Biologe Harald Wiedemann (60). Er ist Mitorganisator der Bürgerinitiative „Elektrosmog Nein Danke“ und Vorstand bei den Göttinger Grünen. Wiedemann beklagt vor allem, dass die neuen Starkstromkabel nur „100 bis 200 Meter entfernt von Wohnhäusern, einer Grundschule und einem Sportplatz“ platziert werden sollen. Wiedemanns Befürchtung: „Es gibt konsistente Hinweise, dass magnetische Wechselfelder Leukämie bei Kindern auslösen können.“

Der Abschnitt ist Teil der geplanten Trasse zwischen Wahle bei Braunschweig und Mecklar nahe dem hessischen Bad Hersfeld. Dereinst sollen die Kabel Strom von Nord- nach Süddeutschland transportieren. Aber das Projekt kommt nur im Schneckentempo voran. Entlang der Strecke wehren sich Dutzende Initiativen.

Derartige Konflikte werden künftig zunehmen. Denn am Donnerstag brachte die Bundesregierung erstmals den Bedarfsplan für den weiteren Ausbau des Stromnetzes in den Bundestag ein. Im Plan enthalten sind 36 Bauvorhaben, unter anderem drei neue Nord-Süd-Korridore, die vornehmlich dazu dienen, den Windstrom von Nord- und Ostsee nach Süddeutschland zu schicken. Um die Planungszeiten von zehn auf vier Jahre zu verringern, ist etwa vorgesehen, künftig nur noch das Bundesverwaltungsgericht als einzige Streit-Instanz zuzulassen. Die SPD schlug am Donnerstag im Bundestag in einem eigenen Antrag die Gründung einer Deutschen Netz AG vor, in der die vier großen Netzbetreiber zusammengefasst und durch den Bund unterstützt werden sollen.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) geißelte hingegen eine Blockadehaltung der Opposition. Diese wiederum nannte die Regierung einen „Totalausfall“ in Sachen Energiewende. SPD und Grüne machten Rösler sogar direkt für steigende Strompreise und mangelnde Versorgungssicherheit verantwortlich. Rösler hingegen kritisierte in seiner Regierungserklärung die Egoismen einzelner Bundesländer beim Netzausbau. Die Hälfte der Länder wolle sich eigenständig versorgen und habe daher kaum Interesse an neuen, tausende Kilometer langen Verteilnetzen. Daher solle mit dem Bundesbedarfsplangesetz die Zuständigkeit auf den Bund übergehen.