Köln. .

Nougat mit Salznote, Schokolade mit Salmiak oder Gurken-Geschmack, Apfelpüree-Bonbons oder Trüffel mit Meersalz: Die weltgrößte Süßwarenmesse ISM ist gestern mit vielen neuen Geschmacksvariationen und Produkten speziell für Allergiker an den Start gegangen. In Köln zeigen gut 1400 Aussteller aus 67 Ländern noch bis Mittwoch ihre Trends für das laufende Jahr. Die Hersteller sind nach sinkenden Exporten und wegen deutlich steigender Preise für Rohstoffe wie Zucker, Mehl und Fette unter Druck. Auch auf den Handel und den Endverbraucher kommen in diesem Jahr nach Branchenangaben Preissteigerungen zu.

Fast 32 Kilogramm Süßwaren hat jeder Bundesbürger im Jahresdurchschnitt 2012 gefuttert. „Damit sind wir nicht ganz die Weltmeister, aber in der Spitzengruppe weit oben dabei“, sagt Hans Strohmaier, Geschäftsführer des internationalen Handelsverbands Sweets Global Network. Besonders viel genascht werde auch in den USA, den Niederlanden und Großbritannien. Die Bundesbürger greifen vor allem bei Schokolade gerne zu – drei Viertel von ihnen mindestens einmal pro Woche. Süßes werde gerne zwischendurch konsumiert, weiß Torben Erbrath vom Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI). „Schokolade ist auch schon mal als Stresskiller gefragt.“

Die Konsumentenwünsche werden immer spezifischer, sagt sein BDSI-Kollege Bastian Fassin. Die Antwort der Hersteller: Süße Pistaziencreme als Brotaufstrich, Nougat mit salziger Butter, Safran-Buttergebäck oder Marshmallow-Stangen mit Orangenblütenaroma und Schokoüberzug. Schleckermäuler verlangen aus Gesundheitsgründen auch gluten- und laktosefreie Naschereien. Vegetarische oder vegane Produkte sowie Kalorien- und Zuckerreduziertes sind ebenfalls gefragt. „Es sind vor allem ausgefallene Variationen, die die Firmen mitbringen“, sagt Handelsexperte Strohmaier. „Ein ganz neuartiges Produkt zu erfinden, ist schwierig“, sagt er angesichts des bereits bestehenden breiten Angebots.

Branche erwartet Preissteigerungen

Deutschland ist Europameister beim Niedrigpreis. „Wir sind nach wie vor die Günstigsten“, betont Strohmaier. Für einen ausgewählten Warenkorb mit Schokoriegel, Chips und Bonbons legte der Verbraucher 2012 hierzulande 23,46 Euro hin. Im Durchschnitt von 20 untersuchten EU-Ländern wurden 30,66 Euro verlangt, die Norweger zahlten mit 55 Euro am meisten. Gut für den deutschen Verbraucher, bitter für die Industrie.

Die Hersteller haben an gravierenden Rohstoffpreiserhöhungen zu knabbern. Der EU-Zuckerpreis sei seit Herbst 2011 um bis zu 50 Prozent geklettert, beklagt Fassin vom BDSI. „Das ist besonders schlimm, weil jede zweite Schokolade und jeder zweite Beutel Fruchtgummi für den Export bestimmt sind.“ Folge: Die internationale Wettbewerbsfähigkeit leidet. Erstmals seit 2005 gingen 2012 nach Angaben des BDSI die deutschen Exporte zurück – um 4 Prozent auf 1,7 Millionen Tonnen. Dadurch verringerte sich auch die Gesamtproduktion hierzulande leicht auf knapp 3,8 Millionen Tonnen und einen Umsatz von 12,5 Milliarden Euro.

Einige Firmen stehen auf der Kippe, heißt es in der Branche. „Wenn das so weitergehen sollte mit einem Exportminus, dann wird es ganz, ganz schwierig“, meint Strohmaier. 2012 gingen in der drittgrößten Branche der deutschen Ernährungsindustrie mit aktuell 49 000 Beschäftigten bereits 500 Arbeitsplätze verloren.

Die angespannte Rohstoff- und Marktlage dürfte die Branche auch im laufenden Jahr in Atem halten – und dann erstmals auch bei den Verbrauchern zu spüren sein. Im Land der niedrigsten Süßwaren-Preise des Kontinents rechnet die Branche mit einem Anstieg. Der Handel hatte 2012 noch einen Umsatzzuwachs von 2,5 Prozent auf zehn Milliarden Euro verbucht. Die für die Industrie kritische Rohstoffsituation werde aber 2013 auch Handel und Verbraucher erreichen – und das schlägt sich im Preis nieder, prognostiziert der Handelsverband Deutschland HDE.

Die Internationale Süßwarenmesse ist eine reine Fachbesuchermesse. Partnerland der 43. Auflage ist Russland, einer der wichtigsten Absatzmärkte Deutschlands außerhalb der EU.