Essen. . Heiß umkämpft ist das Geschäft mit Adventsleckereien. Zunehmend drängen Handelsmarken und Branchen-Exoten auf den Saison-Markt und machen den etablierten Markenherstellern Konkurrenz. Bahlsen plante sogar schon den Rückzug, ruderte aber wieder zurück.
Nein, ein PR-Gag sei das Ganze nicht gewesen, versichert eine Sprecherin des Hannoveraner Keksgiganten Bahlsen: Zuletzt hatte der Konzern, der 2011 einen Umsatz von 521 Millionen Euro einfahren konnte, angekündigt, sich künftig aus dem Advent-Segment zurückzuziehen. Jetzt die Kehrtwende: Nach einer „Flut von Verbraucherreaktionen“ werde man das Geschäft mit Lebkuchen und Co. weiterführen. Obwohl „die wirtschaftlichen Gründe“ für die ursprüngliche Entscheidung „unverändert“ seien. Leise kriselt es bei den Branchenriesen. Feind Nummer eins: Handelsmarken, die den Produzenten teurer Markenware auf den Pelz rücken.
140 Millionen Weihnachtsmänner
Auch Hermann Bühlbecker, Chef der Aachener Printenbäckerei Lambertz, beobachtet: „Der Wettbewerb ist sehr hart.“ Wenngleich der Lambertzsche Umsatz im Jahr 2012 höher liegen werde als im Vorjahr (560 Millionen Euro) – nicht zuletzt dank des kühlen Wetters, das für guten Absatz sorge. Ohne Wintersaison wäre es um Lambertz schlecht bestellt: 40 Prozent des Umsatzes sind den Weihnachtswaren geschuldet, die immer ab Juli über die Produktionsstraßen laufen.
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Discountermarken, die den Marken das Leben schwer machen: vielleicht ein deutsches Phänomen. Im Kaffeehausland Österreich etwa scheinen die Verbraucher eher bereit, für Süßes mehr zu zahlen; dort hatte Bahlsen keine Schwierigkeiten. „Den Preisdruck durch Handelsmarken gibt es woanders in der Tat so nicht“, sagt Solveig Schneider vom Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie. „Der Wettbewerb ist hier durch die hohe Handelskonzentration besonders scharf.“
Für den Einzelhandel bleibt das Fest ein Fest: 531 Millionen Euro setzte er im Saisongeschäft 2011 mit dem Verkauf von Süßwaren um (Vorjahr: 522 Millionen). Absolute Spitze: Der Weihnachtsmann – beziehungsweise dessen schokoladenes Abbild: 94,3 Millionen Euro Umsatz bescherte laut dem Marktforschungsinstitut Nielsen der Verkauf von Schoko-Weihnachtsmännern dem Handel, das sind 18 Prozent am saisonalen Süßigkeiten-Gesamtumsatz. Und die rot verpackten Goldjungs – 140 Millionen Stück werden hierzulande produziert – sind auf Wachstumskurs: 2000 noch setzten die Händler nur 51 Millionen Euro mit ihnen um. Auf Platz zwei liegt essbarer Baumschmuck (93,4 Millionen Euro), dahinter Gebäck wie Lebkuchen (66,4 Millionen Euro).
Sogar Quarkhersteller steigen ins Geschäft ein
Bei Branchen-Exoten zieht das Geschäft mittlerweile an. Tafelschokolade-Spezialisten greifen sich Stücke vom Winterkuchen ab. Beispiel Ritter Sport: Beim Produzenten der Knicktafeln ist die Winter-Sorte inzwischen Tradition, aktuell stecken Makronen in den Quadraten. „Es wäre ohne die Sorten beim Umsatz deutlich spürbar“, sagt Sprecherin Petra Fix. 330 Millionen Euro setzte das Unternehmen 2011 um, einen nicht unerheblichen Anteil daran habe das Geschäft mit den Saison-Sorten gehabt. „Das sind Mehreinnahmen, die Standardsorten werden weiter gekauft.“ Willkommene Zusatzeinnahmen: Hohe Kosten für Strom und Gas treffen die Schoko-Branche hart, weil die Produktion sehr energieintensiv ist.
Bunte Welt der Süßwaren
Sogar Quarkhersteller steigen ein ins Saison-Geschäft: Exquisa kam zuletzt mit der Wintersorte Birne-Zimt auf den Markt, sieht sich als Vorreiter. Kein Nebenprodukt sei das, „sondern für den Absatz sehr wichtig“, so eine Sprecherin. Denn solche Sorten hätten „Potenzial, um neue Verwender zu gewinnen“.