Essen. . Der Thyssen-Krupp-Konzern legte gestern in Essen die bittere Bilanz eines Jahres mit fünf Milliarden Euro Verlust vor.
Thyssen-Krupp steht nach erdbebenartigen Verwerfungen im Konzern vor einem drastischen Umbruch. „Die Lage ist ernst“, erklärte Vorstandschef Heinrich Hiesinger am Dienstag am Konzernsitz in Essen bei der Vorstellung der bitteren Bilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres.
So weit nichts Neues, möchte man meinen. Die Gemengelage aus kapitalen Fehlentscheidungen beim Amerikageschäft, Kartellstrafen für wettbewerbswidrige Absprachen und mal mehr, mal weniger groben Verfehlungen von Führungskräften hat sowohl das Image des Essener Schwergewichts als auch die Kasse schwer in Mitleidenschaft gezogen. Nach rund 1,8 Milliarden Euro Verlust im letzten Geschäftsjahr, stehen unter dem Strich diesmal satte 5 Milliarden Euro Miese. Der Essener Weltkonzern wackelt, durchlebt nach mächtigen Erschütterungen noch Nachbeben – aber er steht noch, weil die Substanz ausreicht.
Heinrich Hiesinger ließ gestern keinen Zweifel daran, dass Thyssen-Krupp mit ihm für die Zukunft weitgehend neu aufgestellt wird. Am einstigen Kerngeschäft Stahl wird in Europa festgehalten. Gerüchten um Stellenabbau in diesem Bereich trat der Vorstandsvorsitzende gestern entgegen. Allerdings nimmt die Bedeutung mit den Verkäufen wie Tailored Blanks und Steel Americas stetig ab. Die mit Abstand wichtigste Transaktion sei der Verkauf von Inoxum, der Ende des Jahres abgeschlossen sein soll. Damit wird ein kruppsches Herzstück an den finnischen Konzern Outokumpu abgetreten.
Bilanz des Jahres – Ziele für 2013
Der Umsatz sank von 42,725 auf 40,124 Milliarden Euro (minus 6 Prozent). Das Ziel für das kommende Geschäftsjahr: erneut 40 Milliarden erreichen.
Die Sparten Inoxum und Steel Americas herausgerechnet, lag das Ergebnis vor Steuern (EBIT) bei 1,4 Milliarden Euro (Vorjahr: 2,8 Milliarden Euro). Das Ziel für 2012/13: 1 Milliarde Euro.
Erstmals seit Konzernzusammenschluss von Thyssen und Krupp (17. März 1999) keine Dividende für die Aktionäre.
Die Aktie gehörte gestern zu den Tagessiegern, lag um 17 Euro und damit ähnlich wie vor einem Jahr.
Nach Bekanntwerden des Amerikadebakels hatte sie im Juni nur noch bei 7 Euro gelegen.
Eine erneute Wertberichtigung, also ein Verlust, für Steel Americas beträgt 3,6 Milliarden Euro. Thyssen-Krupp verbuchte einen Gesamtverlust in Höhe von 5 Milliarden Euro (Vorjahr: 1,8 Milliarden Euro).
Die Mitarbeiterzahl sinkt von 164 500 auf 152 123 (allein rund 11 500 durch Inoxum-Verkauf).
Radikale Personalpolitik
Nur noch 30 Prozent der gut 40 Milliarden Euro Umsatz werden künftig mit Stahl gemacht, 70 Prozent in den deutlich ertragreicheren Sparten wie Material- und Logistikdienstleistungen sowie Industriegütergeschäfte.
Diese Veränderung setze erhebliche Mittel für Investitionen in die Zukunftsbrachen und für das Ziel frei, sich „vom Stahlkonzern zum Ingenieurunternehmen zu wandeln, das intelligente Lösungen für eine Welt mit künftig neun Milliarden Menschen gestaltet.“ Das ist Hiesingers Vision.
Und dazu gehören für ihn an der Spitze von Thyssen-Krupp „Konzernmanager, die zu echten Leitfiguren werden.“ Tradition allein reiche nicht mehr aus. Hiesinger arbeitet an einem neuen, sauberen Image: „Wer da nicht mitzieht, hat bei uns nichts mehr zu suchen“, gibt er die klare Linie vor, die aus dem Traditionskonzern ein hoch modernes Unternehmen machen soll, das sich am Weltmarkt auf lange Sicht behaupten kann.