Bochum. Die Eurokrise geht an den Unternehmen im Ruhrgebiet weitgehend vorbei. Das ergab die Herbstumfrage der Kammern. Die Ruhrwirtschaft drücken dennoch Probleme: Es gibt zu wenige Gewerbeflächen. Zudem klagen die Firmen, dass sie offene Stellen nicht besetzen können.

Die Euro- und Schuldenkrise vermag die Wirtschaft im Ruhrgebiet offenbar nicht zu trüben. „Bei uns strahlt immer noch die Sonne“, fasste Helmut Diegel, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Mittleres Ruhrgebiet, in Bochum das Ergebnis der Herbstumfrage der Kammern zusammen.

Von den 1000 befragten Ruhrgebiets-Unternehmen, die 175 000 Beschäftigte repräsentieren, gab eine überwältigende Mehrheit von 86 Prozent an, dass ihre aktuelle Geschäftslage befriedigend oder gut sei. 60 Prozent gehen davon aus, dass sie ihre Geschäfte so weiterführen können wie bislang. Weitere 15 Prozent gehen sogar von einer Verbesserung aus.

Vorsichtige Erwartungshaltung

Der Ruhrlagebericht spiegelt angesichts der politischen Großwetterlage aber auch eine gewisse Zukunftsskepsis wider. Der Konjunkturklimaindex sank von 114 Punkten am Jahresanfang auf nunmehr 103 Punkte. „Dies ist einer vorsichtigen Erwartungshaltung geschuldet“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Diegel. Als größtes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung nennen 58 Prozent der Unternehmen die Inlandsnachfrage. Insbesondere der Handel befürchtet, dass sich die Eurokrise negativ auf das Kaufverhalten auswirken könnte. Knapp die Hälfte der Betriebe drücken die explodierenden Energie- und Rohstoffpreise. 44,5 Prozent bewerten die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Hemmschuh für ihre Geschäfte.

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Es gibt in der Region aber auch eine Reihe stabilisierender Effekte: Dank der robusten Situation am Arbeitsmarkt erwarten die Kammern keinen Einbruch des privaten Konsums. Auch wenn die Unternehmen ein Abebben der Auftragseingänge registrieren, bleibt der Export wesentliche Wachstumsstütze. Das Investitionsniveau bleibt hoch: 20 Prozent wollen mehr, nur 17 Prozent weniger im Inland investieren.

Hemmschwelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft

Während sich die Beschäftigungsentwicklung an der Ruhr als stabil erweist, wachsen die Probleme der Betriebe von Jahr zu Jahr, offene Stellen wiederzubesetzen. „Die Stellenbesetzung scheitert umso häufiger, je höher das gewünschte Qualifikationsniveau ist“, weist Diegel auf den Fachkräftemangel hin. Drei von vier Betrieben leiten daraus eine Mehrbelastung für die Belegschaft ab, 43 Prozent sehen sogar eine Einschränkung von Produktions- oder Servicewachstum als Konsequenz. Als Ausweg wollen die Kammern die „Hemmschwelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft“ überwinden und laden gemeinsam mit dem Regionalverband Ruhr am 30. November zum ersten „Wissensgipfel Ruhr“ in Bochum ein.

Als Dauerbrenner erweist sich auch der Mangel rasch verfügbarer Gewerbeflächen im Ruhrgebiet. IHK-Manager Diegel suchte gestern den offenen Konflikt mit NRW-Umweltminister Johannes Remmel: Das Revier habe „bei weitem nicht so viele Flächen für Neuansiedlungen, wie uns Teile der Landesregierung weiß machen wollen“, so Diegel.