Essen. . Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen elf Führungskräfte des Versicherungskonzerns. Sie sollen gewusst haben, dass Kunden über Jahre hinweg zu hohe Kosten für ihre Riester-Verträge gezahlt hatten. Der Schaden liegt bei rund einer Million Euro.

Nach den Skandalen um Lustreisen für Mitarbeiter droht dem Versicherungskonzern Ergo nun gewaltiger Ärger wegen Betrugsverdachts. Wie das „Handelsblatt“ berichtete, hat die Staatsanwaltschaft Hamburg Ermittlungen gegen elf Ergo-Manager eingeleitet. Sie sollen gewusst haben, dass der Konzern Tausenden von Kunden über Jahre hinweg zu hohe Kosten für deren Riester-Verträge berechnet habe. Die Staatsanwaltschaft bestätigte die Ermittlungen.

Betroffen sind 12.000 Verträge aus den Jahren 2005 und 2006, die Kunden bei der von der Ergo übernommenen Hamburg-Mannheimer (HMI) abgeschlossen hätten, hieß es. Aufgrund eines Druckfehlers seien in den Verträgen Kosten von sieben Prozent für den Abschluss und 5,5 Prozent für den Vertrieb aufgeführt gewesen. Tatsächlich zahlten die Versicherungsnehmer aber rund 25 Prozent mehr als angegeben.

Der Gesamtschaden soll bei einer Million Euro liegen. Bekannt geworden war der Fall bereits 2011. Laut "Handelsblatt" wird jetzt gegen vier ehemalige und aktive Ergo-Manager wegen Betrugsverdachts sowie gegen sieben weitere Führungskräfte wegen Beihilfe ermittelt.

Fehler war bereits seit 2005 bekannt, doch Kunden wurden nicht aufgeklärt

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Hintergrund ist, dass der Kosten-Berechnungsfehler bereits im Oktober 2005 aufgefallen ist. Daraufhin sei laut dem Bericht unter anderem der Vertriebschef informiert worden. Die Kunden dagegen nicht. Sie zahlten weiterhin fleißig die überhöhten Kosten.

Selbst einige Verträge, die noch 2006 abgeschlossen wurden, hätten den Druckfehler enthalten. Interne E-Mails belegten, dass die Geschäftsleitung über die Vorgänge Bescheid wusste, aber nicht für Aufklärung bei den betroffenen Kunden sorgte.

In einer Stellungnahme räumte Ergo den Fehler ein, wies den Vorwurf des Betrugs aber zurück. „Für die Kunden spielt die absolute Höhe der Kostensätze üblicherweise keine entscheidende Rolle beim Vertragsabschluss. Relevant ist vielmehr das Verhältnis von Beiträgen zu den Versicherungsleistungen“, erklärte der Konzern. Ab Mitte 2011 hatte Ergo den Kunden das zu viel gezahlte Geld zurückerstattet. Jedoch soll die Entschädigung bei rund 3500 Versicherten, die ihre Police zwischenzeitlich gekündigt hatten, ausgeblieben sein.

Kunden sollten die Kosten immer genau gegenrechnen

Für Hajo Köster vom Bund der Versicherten geht das klar in Richtung Betrug. „Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen so mit seinen Kunden umgeht und sie nicht über die überhöhten Kosten informiert“, sagte er der WAZ-Mediengruppe. Köster forderte die Kunden von Versicherungs-unternehmen auf, immer die Höhe der Kosten gegenzurechnen. „Sie sollten sich auch nicht davor scheuen, von ihrem Versicherer eine verständliche Abrechnung für ihre Policen zu verlangen, in dem die Kosten genau aufgeschlüsselt sind.“

Köster kritisierte auch die Aussage der Ergo, wonach die Kosten für Kunden nur eine untergeordnete Rolle spielen. „Das ist ungefähr so, als ob man sagen würde, dass einem Autofahrer die Spritpreise nicht interessieren. Hauptsache, er kommt an.“

Dem pflichtet Lars Gatschke, Versicherungsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, bei. Da die Kosten vom Spareranteil abgezogen würden, hätte dies negative Auswirkungen bei der Effektivverzinsung und der Überschussbeteiligung.

Gatschke forderte daneben, dass Unternehmen künftig dazu verpflichtet werden, die Kunden sofort über Fehler zu deren Ungunsten zu informieren. „Das dies bislang nicht der Fall ist, ist eine Gesetzeslücke“, so Gatschke.