Essen. . Nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers 2008 rufen immer mehr Kunden Ombudsleute der Geldinstitute an. Sie fühlen sich bei Anlagegeschäften falsch oder schlecht beraten. Oft schlichten Vergleichsvorschläge den Streit. 2011 wurde eine vorläufige Rekordzahl erreicht.

Wenn sich Verbraucher über hohe Überweisungsgebühren oder vermeintlich falsche Zinsberechnungen ihrer Bank beschweren wollen, wissen sie oft nicht, wo sie dies tun können. Für solche Probleme haben die Banken aber Ombudsleute – in der Regel pensionierte Richter und Richterinnen, die Streitfälle zwischen Kreditinstituten und deren Kunden schlichten sollen.

Wie sehr die Dienste von solchen Schlichtern in Anspruch genommen werden, erläutert Rainer Mößinger – er ist einer von sieben Ombudsleuten des Bundesverbandes deutscher Banken. „Im vergangenen Jahr hatten wir insgesamt 8268 Fälle, die bei der Kundenbeschwerdestelle eingegangen sind“, sagt Mößinger (67). Das sei ein Rekordwert und bedeute eine stete Zunahme im Vergleich zu vorherigen Jahren: 2007 gab es lediglich 3600 Schlichtungsfälle beim Bankenverband.

Anlageverluste und Fehlberatung

Als Gründe nennt er das Auslaufen einer Verjährungsregelung zu den Ombudsmannverfahren Ende 2011, zum anderen aber auch die Finanz- und Wirtschaftskrise. Diese habe seit 2008 dazu geführt, dass Verbraucher verstärkt die Banken für Anlageverluste, etwa durch Papiere der Pleitebank Lehman Brothers, haftbar machen wollten. „Viele Leute haben Geld verloren und führen dies auf eine Fehlberatung zurück“, sagt Mößinger, der bis zu seiner Pensionierung 2010 Präsident des Landgerichts Hanau war.

Rund 55 Prozent der Schlichtungsfälle von Mößinger, der seit zwei Jahren Ombudsmann ist, beziehen sich auf (Falsch-)Beratungen bei Anlagegeschäften. Etwa jeder fünfte Fall befasst sich mit Streitfällen im Kreditgeschäft wie Beschwerden zu Darlehens-Zinsen. Häufig stehen auch Streitereien im Zahlungsverkehr, Missbrauch von Kredit- oder EC-Karten oder Probleme bei der Eröffnung eines Kontos an.

Schlichtungsspruch ist kostenlos

Die Ombudsleute schlagen Vergleiche vor. „Bis zu einer Streitsumme von 5000 Euro ist unser Schlichtungsspruch für die privaten Banken des Bankenverbandes bindend“ , so Mößinger. Bis dahin ist das Verfahren für die Verbraucher kostenlos. Lehnen Kunden den Kompromiss ab, bleibt ihnen der Rechtsweg.

In mehr als der Hälfte aller Fälle würden die Vergleichsvorschläge der Ombudsleute von den Banken akzeptiert, so Mößinger. Manchmal lehnt Mößinger aber auch eine Schlichtung ab. „Einmal gab es eine Beschwerde gegen eine Bank, weil diese sich bei einer Zinsberechnung angeblich um 0,1 Cent vertan habe“, sagt er. „So etwas ist dann oft pure Rechthaberei“, meint er.

Auch Banken, die nicht dem Bundesverband deutscher Banken angeschlossen sind, haben Ombudsleute. So der Deutsche Sparkassen- und Giroverband: Hier gab es im Jahr 2010 rund 1130 Schlichtungen – neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Beim Bundesverband der Öffentlichen Banken wurden im vergangenen Jahr 526 Eingaben registriert.