Berlin. Es gibt Hoffnungen für einige entlassene Schlecker-Mitarbeiter. In Baden-Württemberg ist ein Pilotprogramm gestartet, bei dem ehemalige Schlecker-Mitarbeiter die Leitung einer Filiale übernehmen. Falls dieses Projekt funktioniert, könnten bundesweit bis zu 4000 Arbeitsplätze gerettet werden.
Einkaufen direkt im eigenen Dorf? Unmöglich für die Einwohner vieler kleiner deutscher Gemeinden. Auch wenn nur das Klopapier fehlt, müssen sie mit dem Auto bis zum nächsten größeren Ort fahren. Mit der Insolvenz von Schlecker stehen noch mehr Kommunen vor dem Problem: Wo können die Menschen einkaufen? Seit klar ist, dass niemand Schlecker als Ganzes übernimmt, drohen mehr als 8000 Filialen aus Deutschland zu verschwinden.
Zumindest die Umsatzstärksten von ihnen will Christina Frank retten. Die Gewerkschaftssekretärin von Verdi in Stuttgart kämpft mit der neu gegründeten Genossenschaft der Schlecker-Frauen dafür, dass bundesweit rund 1000 Geschäfte erhalten bleiben: "Es gibt eine Menge Top-Standorte, und der eigentliche Skandal ist, dass die nicht weitergeführt werden sollen, obwohl sie profitabel sind", sagt sie.
Jetzt hat sie erreicht, dass in drei Geschäften rund um Ludwigsburg bei Stuttgart ein Modell getestet wird, bei dem die ehemaligen Angestellten von Schlecker ihre Filiale selbst übernehmen.
Erhalt der Top-Schleckerfilialen soll 4000 Jobs retten
Sogenannte Mini-GmbHs sollen entstehen, Gesellschafter wären jeweils einige Schlecker-Frauen. Bei Vermarktung, Einkauf und dem geeigneten Sortiment soll eine übergeordnete Holding helfen. "Es geht aber nicht nur um die Angestellten. Auch die Einwohner und die Vermieter haben was davon", erklärt Frank. Geht ihr Plan auf, könnten bundesweit rund 4000 Arbeitsplätze gerettet werden.
600 Schlecker-, 300 Schlecker XL- und 100 Ihr Platz-Märkte hätten das Potenzial, um weiter zu machen, sagt Frank. Dafür bräuchten sie aber die Unterstützung der Kommunen, der Vermieter und natürlich der Kunden.
Murr ist eine der drei Gemeinden, in der ab Oktober eine Schlecker-Filiale als GmbH wiedereröffnen soll. Das Geschäft liegt direkt am Marktplatz und gehörte zu den umsatzstärksten Filialen in ganz Deutschland. Bürgermeister Torsten Bartzsch überzeugt das Konzept: Da die Stadt auch Vermieter sei, könne er sich gut vorstellen, das Projekt über eine niedrigere Einstiegsmiete zu unterstützen, sagt er.
Das müsse zwar der Gemeinderat entscheiden, aber: "Wir freuen uns natürlich, wenn das Geschäft erhalten bleiben würde. Am Dorfplatz sind noch andere Läden, und wenn ein Mosaikstein wegfällt, weiß man nie, wie sich das auf die anderen auswirkt."
Jeweilige Kommune müsste Förderantrag stellen
Frank rechnet sich gute Chancen für die 1000 Top-Standorte aus. Denn nicht nur in Murr bangen die Kommunen um ihr Zentrum. "Außerdem haben wir schon beim Businessplan einen Vorteil: Wir wissen schon, was sich hier gut verkauft und können das Sortiment anpassen", sagt sie. Das soll auch helfen, Lieferanten zu gewinnen. Sie könnten davon ausgehen, dass die Ware nicht in den Regalen liegen bleibt und sie ihr Geld bekommen.
Ausverkauf bei Schlecker
1/16
Damit das Konzept über die drei Pilot-Läden in Baden-Württemberg hinaus ausgeweitet werden kann, hat Frank das Land Baden-Württemberg um 300.000 Euro Förderung gebeten. Das Geld soll eingesetzt werden, um zu prüfen, ob es sich lohnt, bestimmte Filialen zur Mini-GmbH zu machen.
Die jeweilige Kommune muss dann den Förderantrag stellen. Am Ende des Prozesses soll ein Business-Plan stehen. Nur wer den hat, kann auch Lieferanten für sich gewinnen. Das Ministerium wusste am Montag allerdings noch nichts von dem Antrag. (afp)
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.