Dortmund/Südwestfalen. . Die Kammern in Westfalen melden weiter offene Lehrstellen. Die Arbeitgeberseite sieht allerdings zunehmend Probleme, weil Bewerber mehrere Verträge abschließen und dann nicht in dem Betrieb erscheinen. Dies sei unfair anderen Bewerbern gegenüber.
Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Deutschland so niedrig wie in keinem anderen Land in der Europäischen Union. Tatsächlich sieht es für jungen Menschen nicht nur im Vergleich mit Griechenland oder Spanien besser aus als in Vorjahren. „Der Ausbildungsmarkt entwickelt sich immer mehr zum Bewerbermarkt“, sagt Volker Verch, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte.
Das sei gut für die Schulabgänger, habe aber auch unerfreuliche Nebeneffekte. Abbrecherquoten sind zum Teil enorm. In den Branchen Friseur, Berufskraftfahrer oder Hotel- und Gastgewerbe liegen sie zwischen 40 und 50 Prozent (Bundesinstitut für Berufsbildung, Stand 2010).
Zunehmend kommt es gar nicht so weit. Manches Unternehmen erwartet den neuen Auszubildenden, der tatsächlich gar nicht erscheint, weil woanders eine Lehrstelle angetreten wird. „Diesen Trend gibt es schon“, bestätigt Dirk Vohwinkel, Ausbildungsreferatsleiter der Industrie- und Handelskammer Dortmund, zu der auch der Kreis Unna und die Stadt Hamm gehören. Es sei nicht nur schlechter Stil mehrere Verträge zu schließen, „es ist auch unfair gegenüber Mitbewerbern“, erinnert der Kammerexperte. Unterm Strich sei die Chance auf einen Ausbildungsplatz noch nie besser gewesen als heute, sagt Vohwinkel.
Nur 50 Prozent bekommen ihre Wunschausbildung
Das Problem mit Doppelvertragsabschlüssen kennt Andreas Lux, Geschäftsführer der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer: „Es sind zu viele Fälle, aber man darf es nicht überbewerten“, relativiert Lux das Phänomen. So sieht es auch Jochen Marquardt, DGB-Kreisvorsitzender aus Hagen: „Ich verstehe die Unternehmen, die sauer sind, aber es ist durchaus zu erklären.“ Erst einmal seien viele Bewerber froh, wenn sie überhaupt eine Stelle fänden. Laut Studie der Böckler-Stiftung ist das nur für rund 50 Prozent auch die Wunschausbildung. Sich auf dem Weg zum Traumjob Optionen offen zu halten, sei da durchaus verständlich. „In Ordnung ist das natürlich nicht“, findet auch der Gewerkschafter.
Wittens Abiturienten und ihre Pläne
Eigentlich wollte ich die Zeit nach dem Abi zur Entspannung nutzen. Jetzt muss ich aber erstmal Bewerbungen für die Unis schreiben. Am liebsten würde ich Humanmedizin an der Uni Witten/Herdecke studieren. Ab August mache ich aber erstmal ein Pflegepraktikum im Marien-Hospital. In der Richtung liegt auch mein Wunschberuf. Julia Pfeil, 19
Die Zeit mit meinen Freunden werde ich auf jeden Fall vermissen. Ich habe mich schon um Studienplätze in Bochum und Dortmund beworben. Dort würde ich gerne Maschinenbau oder Bauingenieurswesen studieren. Mathe und Physik haben mir schon immer Spaß gemacht. Für die Zukunft kann ich mir auch nichts anderes vorstellen. Richard Frizler,19
Ich mache zur Zeit viel mit meinen Freunden. Ab Mitte September werde ich dann ein Jahr lang in Auckland, Neuseeland leben. Freunde und Familie zurückzulassen, wird bestimmt nicht einfach. Aber ich möchte neue Erfahrungen sammeln. Wenn ich dann wieder zurück bin, werde ich wahrscheinlich studieren. Ramona Szymczak,19
Vor kurzem war ich in Dublin bei der wissenschaftlichen Konferenz ESOF. Dort hatte ich die Möglichkeit, Beiträge verschiedener wissenschaftlicher Richtungen zu hören. Im Herbst werde ich ein Mathestudium mit dem Nebenfach Physik anfangen. Ich hoffe, danach eine gute Stelle in Forschung oder Wirtschaft zu bekommen. Michael Dickhoff, 19
Bis zum August werde ich in der Türkei sein und gebe mein Bestes, um ein wenig Türkisch zu lernen. Sobald ich wieder da bin, fange ich ein Praktikum bei den Deutschen Edelstahlwerken an. Später möchte ich dann gerne Maschinenbau in Aachen studieren. Besonders Auslandssemester interessieren mich. Maximilian Hoffmann, 18
Nach dem Abi konnte ich mich mal wieder ein bisschen mehr auf den Sport konzentrieren. Ich mache Triathlon. Ansonsten habe ich die Zeit vor allem mit meinen Freunden verbracht. Ich hoffe, dass ich im Oktober dann anfangen kann zu studieren. Ich habe mich an den Unis hier in der Umgebung für Elektrotechnik beworben. Dominik Strate,19
Ich stehe spät auf und gehe spät ins Bett. Chillen, Party machen oder mal auf ein Bier in die Bar gehen, all das steht momentan auf dem Programm. Ansonsten mache ich viel Sport. Ich bereite mich beim Triathlon auf die Verbandsliga vor. Ab September absolviere ich eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Marcel Schönfeldt, 19
Ich lasse es im Moment eher langsam angehen. Die letzte Zeit habe ich viel mit meinen Freunden gemacht. Zwischendurch war ich mal für ein Wochenende in Berlin. Im August fange ich mein freies soziales Jahr im Waldorfkindergarten an. Später würde ich gerne eine Ausbildung oder ein Studium in diesem Bereich absolvieren. Lena Hippert, 20
Wegen der Prüfungen musste ich mit dem Reiten aufhören. Auch für meine Freunde war sehr wenig Zeit. Deshalb hole ich das jetzt alles nach. Wir gehen viel feiern und demnächst wollte ich mal ein Wochenende nach Hamburg fahren. Im August beginnt meine Ausbildung zur Bürokauffrau. Danach möchte ich noch studieren. Vanessa Kronier, 19
Zur Zeit gehe ich viel feiern. Ich genieße die freie Zeit mit meinen alten Schulkollegen. Anfang September fängt meine Ausbildung zum Informatikkaufmann an. Danach studiere ich vielleicht noch Betriebswirtschaftslehre. Das ist allerdings nur ein grober Plan. Vielleicht fliege ich auch noch für ein Jahr ins Ausland, möglichst in die USA. Tim Bergel, 19
Den Sommer über verkaufe ich Eis in der Kuhbar und besuche das eine oder andere Festival. Nebenbei mache ich ein bisschen Musik. Den September über reise ich dann durch mehrere Städte und fahre nach Prag oder Krakau. Im Herbst würde ich dann ganz gerne studieren. Am besten wären Politikwissenschaften und Germanistik. Jana Brahmann, 19
Die Zeit zwischen Abi und dem Beginn meines dualen Studiums im Bereich „Business Administration“ verbringe ich in Brasilien. Dort unterstütze ich ein soziales Kinderdorfprojekt. Das ist eine wichtige Erfahrung für mich, da ich mal erlebe, was richtige Armut ist. Außerdem lerne ich hier den deutschen Lebensstandard zu schätzen. Yannik Grabow, 19
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Aktuell sind im SIHK-Bezirk rund 3000 neue Ausbildungsverträge registriert. Am Stichtag 30. September werde endgültig ausgewertet. 2011 waren es da 3600 Verträge im Kammerbezirk, Lux rechnet mit einer leichten Steigerung um zwei Prozent. Angesichts rückläufiger Schulabgängerzahlen wertet er das als Erfolg.
Bewerbungsrunde für 2013 läuft
Im Kammerbezirk Dortmund liegt die Zahl aktuell bei 12.500 Verträgen, eine Steigerung um 2,6 Prozent. Sowohl im Südwestfälischen wie auch im Raum Dortmund gebe es aktuell querbeet noch Ausbildungsplätze. Auch im Handwerk sei noch Platz, bemerkt die zuständige Kammer in Dortmund. Klassischerweise gibt es noch Plätze für Friseure, aber auch für angehende Energie- und Gebäudetechniker.
Die Suche 2012 ist für Bewerber und Unternehmen noch nicht abgeschlossen, auch zum 1. September beginnen noch Ausbildungen. Die Bewerberrunde für 2013 haben aber viele Unternehmen schon begonnen. Attraktive Stellen für nächste Jahr sind in den Börsen der Kammern bereits zu finden. „Gerade große Unternehmen fangen im September bereits mit der Auswahl für nächstes Jahr an“, rät SIHK-Geschäftsführer Lux, sich jetzt bereits zu informieren.
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