Stuttgart. In der EnBW-Affäre ermittelt die Staatsanwaltschaft nun auch gegen den früheren Staatsminister Helmut Rau und gegen Ex-Finanzminister Willi Stächele. Beide hatten den Kaufvertrag für Anteile an dem Energieunternehmen mitunterschrieben - angeblich für einen deutlich überhöhten Preis.

Die Ermittlungen wegen des umstrittenen Rückkaufs der EnBW-Anteile durch das Land Baden-Württemberg ziehen immer weitere Kreise. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart, Claudia Krauth, sagte am Freitag auf dapd-Anfrage, es bestehe auch gegen den früheren Staatsminister Helmut Rau und gegen Ex-Finanzminister Willi Stächele der Anfangsverdacht der Untreue. Beide CDU-Politiker hätten den Kaufvertrag für 45 Prozent der EnBW-Anteile im Dezember 2010 mitunterschrieben.

Gegen Rau und Stächele wurden die Ermittlungen am Freitag eingeleitet. Als Mitglieder des Landtages musste ihre Immunität dafür zunächst aufgehoben werden. Ein Sprecher des Parlaments bestätigte am Mittag den Eingang eines entsprechenden Schreibens der Staatsanwaltschaft. Er führte an, dass die Aufhebung der Immunität sich nur auf die Einleitung der Ermittlungen beziehe. Hausdurchsuchungen seien damit nicht möglich.

Die Strafverfolgungsbehörde ermittelt bereits gegen den früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) wegen des Anfangsverdachts der Untreue. Er soll den Erwerb der EnBW-Anteile vom französischen Stromkonzern EdF nicht ordnungsgemäß vorbereitet haben. Dem Land soll dadurch ein Vermögensschaden entstanden sein.

Gegen den Investmentbanker und Mappus-Freund Dirk Notheis wird ebenfalls ermittelt. Der CDU-Politiker Mappus und der Deutschlandchef von Morgan Stanley hatten quasi im Alleingang durchgeboxt, dass das Land im Dezember 2010 für 4,67 Milliarden Euro einen Anteil an dem Karlsruher Stromversorger EnBW zurückkaufte.

Mappus weihte Stächele in letzter Minute ein

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Stächele hatte mit seiner Unterschrift unter eine Notbewilligung den Ankauf der Aktien des Energieversorgers EnBW ohne Beteiligung des Parlamentes aber überhaupt erst möglich gemacht. Nachdem der Staatsgerichtshof das Vorgehen als verfassungswidrig verurteilt hatte, trat Stächele 2011 als Landtagspräsident zurück.

Der damalige Finanzminister war erst wenige Stunden vor der Verkündung des Milliardendeals von Mappus eingeweiht worden. Der Ministerpräsident ließ seinen Finanzminister in der Nacht zum 6. Dezember 2010 ohne Nennung von Gründen in die Staatskanzlei einbestellen. Dort wurde er von Mappus und Vertretern der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz über die Konditionen des Deals informiert und gab seine Unterschrift.

Stächele wurde wie Mappus und Notheis bereits vom Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags befragt. Der 60-Jährige verließ sich nach eigenen Worten bei der Unterschrift unter den Kaufvertrag nach Notbewilligungsrecht auf die Beratung durch die renommierte Anwaltskanzlei. Auch habe er der Aussage des damaligen Ministerpräsidenten Mappus vertraut, dass keine Chance bestanden hätte, "weiteren Zeitraum für eine parlamentarische Beratung zu gewinnen", sagte der Politiker.

Grüne: Mappus hat Stächele unter Druck gesetzt

Die Mitglieder im EnBW-Untersuchungsausschuss des Stuttgarter Landtags zeigten sich über die Ausweitung der Ermittlungen wenig überrascht. SPD-Obmann Andreas Stoch sagte am Rande einer Ausschusssitzung am Freitag in Stuttgart, der Untersuchungsausschuss habe mit seiner Arbeit die Ermittlungen ins Rollen gebracht.

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Grünen-Obmann Uli Sckerl sagte in Bezug auf Stächele: "Der Untreueverdacht ist berechtigt." Er habe den Eindruck, Mappus habe Stächele erheblich unter Druck gesetzt. Aus Sckerls Sicht ist damals die Situation "am Rande einer Nötigung" gewesen. Stächele habe vor der Entscheidung gestanden, "unterschreiben oder zurücktreten".

CDU-Obmann Volker Schebesta wiederholte seine Kritik an der Behandlung Stächeles durch Mappus. Er hätte als Finanzminister nicht so spät einbezogen werden wollen.

Mappus widerspricht den Vorwürfen

Mappus selbst verteidigte das Geschäft. "Ich war, bin und bleibe überzeugt davon, dass der Preis in Ordnung ist", sagte er der "Bild"-Zeitung vom Freitag. Er gehe daher auch fest davon aus, dass sich vor allem die Vorwürfe des Rechnungshofs als "weitestgehend haltlos" erweisen würden.

"Er ist noch der einzige, der das behauptet", konterte Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. In den Augen der baden-württembergischen Steuerzahler "haben wir mehr als 800 Millionen Euro zu viel gezahlt", sagte Schmid. Dafür habe das Land sogar Schulden aufnehmen müssen.

Auch die Südwest-CDU rückt mehr und mehr von Mappus ab. "Wir sollten nicht der Versuchung erliegen, etwas zu verteidigen, was nicht zu verteidigen ist", sagte der Landesvorsitzende Thomas Strobl der "Stuttgarter Zeitung" vom Freitag. Seine Partei durchlebe zurzeit "eine der schwersten Bewährungsproben ihrer Geschichte". Fraktionschef Peter Hauk hatte gefordert, in der Affäre dürfe "kein Geschmäckle" an der CDU hängen bleiben.(dapd/afp)