Düsseldorf/Solingen. . Das Sozialgericht Düsseldorf hat die Klage eines Versicherten abgewiesen. Er fürchtet, zum „gläsernen Patienten“ zu werden und wollte sich von der Pflicht befreien lassen. Bis 2013 sollen 70 Millionen Versicherte in Deutschland die neue Gesundheitskarte mit Foto und Speicherchip bekommen.

Krankenversicherte werden nicht um die neue elektronische Gesundheitskarte herumkommen. Sie dürfen sich nicht von der Karte befreien lassen. Das hat das Sozialgericht Düsseldorf entschieden und damit die Klage eines Versicherten aus Wuppertal abgewiesen. Es war das bundesweit erste Verfahren dieser Art.

Technischer Fortschritt oder Rückschritt für den Datenschutz? Seit zwei Jahren hatte das Gericht geackert, um die Elektronische Gesundheitskarte (EGK) zu bewerten, die Ende 2013 bei 70 Millionen deutschen Versicherten in der Brieftasche stecken soll.

Versicherter sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt

In dem Verfahren hat Sven S. aus Wuppertal gegen die Bergische Krankenkasse (Solingen) geklagt, weil er durch die EGK Datenschutz und Persönlichkeitsrechte in Gefahr sieht. Er möchte nicht zum gläsernen Patienten werden. Der 32 Jahre alte Mann wollte von der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte befreit werden. Doch das Sozialgericht folgte seiner Ansicht nicht: Die für die Karte benötigten Pflichtangaben zur Person des Versicherten seien mit Ausnahme des geforderten Fotos identisch mit der bisherigen Versichertenkarte und damit unbedenklich.

Damit stimmte das Sozialgericht der Argumentation der Krankenversicherung des Klägers zu. Allerdings räumte das Gericht ein, dass in Zukunft möglicherweise nachgebessert werden müsse. Ab 2013 können Versicherte zunächst testweise zusätzlich freiwillige Angaben, etwa zu Notfalldaten, auf der Karte speichern lassen. „Das könnte zu datenschutzrechtlichen Problemen führen“, erklärte der Vizepräsident des Sozialgerichts, Detlef Kerber, im Anschluss an das Urteil.

Datenschutz bedenklich

Die elektronische Karte sei sowohl aus datenschutz- als auch aus verfassungsrechtlichen Gründen bedenklich, argumentierte Jan Kuhlmann, der Anwalt des Klägers. Patientenangaben würden zentral gespeichert und private Unternehmen mit der Datenverarbeitung betraut. Was, wenn Versicherungen oder künftige Arbeitgeber Zugriff auf die gespeicherten Daten bekämen? „Das kommerzielle Interesse an einem solchen Datenbestand ist riesig. Und deshalb werden sich Wege finden, dass die Daten in unbefugte Hände gelangen“, vermutet der Anwalt.

Auch könne man nicht ausschließen, dass sensible Informationen in die Hände von Pharmaunternehmen gelangten. Die beklagte Krankenkasse wies diese Einschätzung zurück. „Es werden keine Daten außerhalb der Arztpraxen ohne Zustimmung des Versicherten gespeichert“, erklärte der Anwalt der Krankenkasse, Ingo Kugler. Ein Zugriff von Arbeitgebern oder Versicherungen sei „ausgeschlossen“, hieß es.

Kläger will gegen Urteil vorgehen

Nach Angaben des Anwalts sind bislang 10 000 von 70 000 Versicherten der Bergischen Krankenkasse mit der elektronischen Gesundheitskarte versorgt worden. Bis Ende dieses Jahres sollen – wie vom Gesetzgeber gefordert – 70 Prozent der Versicherten bundesweit in ihrem Besitz sein.

Der Kläger will gegen das Urteil vorgehen. Sein Anwalt kündigte an, bis vors Bundesverfassungsgericht ziehen zu wollen.