Heilbronn/Ehingen. . Eine gekündigte Schlecker-Mitarbeiterin hat vor Gericht durchgesetzt, dass sie wieder eingestellt werden muss. Das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn wird möglicherweise Signalwirkung haben: Deutschlandweit haben mehr als 4500 Schlecker-Mitarbeiterinnen gegen ihre Kündigung geklagt. Das könnte für Schlecker nun teuer werden.

Eine gekündigte Schlecker-Mitarbeiterin hat als erste in Baden-Württemberg erfolgreich auf Wiedereinstellung geklagt und könnte damit einen für das insolvente Unternehmen teuren Prozess losgetreten haben. Das Arbeitsgericht Heilbronn hat festgestellt, "dass diese Kündigung sozialwidrig und damit unwirksam ist und den Beklagten verurteilt, die Klägerin weiterzubeschäftigen", wie das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg am Donnerstag mitteilte. Das Urteil erging schon vor einer Woche.

Einem Gerichtssprecher zufolge hat das Urteil eine gewisse Signalwirkung, weil sich andere Gerichte daran orientieren könnten. Alleine in Baden-Württemberg sind 629 Kündigungsschutzklagen anhängig, deutschlandweit sind es mehr als 4.500.

Sozialauswahl bei Schlecker laut Gericht grob fehlerhaft

Dem Heilbronner Gericht zufolge war die Sozialauswahl grob fehlerhaft. Der Beklagte - Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz - habe keine vollständige Auskunft über seine subjektiven Erwägungen zur Sozialauswahl gegeben. Zudem habe die Klägerin eine vergleichbare Arbeitnehmerin genannt, die bei Zugrundelegung des von Geiwitz behaupteten Punkteschemas weit weniger Sozialpunkte aufweise als die Klägerin. Diesem Punkt sei Geiwitz nicht entgegengetreten.

Geklagt hatte eine langjährige Leiterin einer Schlecker-Filiale. Sie war bei der ersten Kündigungswelle der insolventen Drogeriekette am 28. März zum 30. Juni betriebsbedingt gekündigt worden. Sie wird zwar nie mehr bei der insolventen Drogeriemarktkette verkaufen können, weil die letzten Filialen am Mittwoch endgültig dicht machten. Doch sie hat damit ihren Anspruch auf die volle Vergütung seit März gesichert.

Sollten sich andere Gerichte dem Urteilsspruch anschließen, wird es teuer für Schlecker. Geiwitz hatte die anhängigen Kündigungsschutzklagen als einen Grund dafür genannt, warum die Suche nach einem Investor für Schlecker scheiterte. Das Risiko betrage mindestens 100 Millionen Euro.

Auszahlung der Beschäftigten noch nicht absehbar

Ob die Kläger ihr Geld jemals sehen, ist jedoch fraglich. Geiwitz selbst geht davon aus, dass am Ende 800 Millionen Euro den Gläubigern zur Verfügung stehen. Am Donnerstag sagte er in einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung", "es ist in der Tat so, dass bei einer Betriebsstilllegung in dieser Dimension sehr hohe Masseverbindlichkeiten zu bezahlen sind und es aus heutiger Sicht überhaupt noch nicht abschätzbar ist, ob es zu einer Quotenzahlung kommt oder nicht." Aus der würden dann auch die Beschäftigten bedient.

Geiwitz glaubt nach wie vor, dass Schlecker mithilfe eines Investors hätte gerettet werden können. "Ohne die Kündigungsschutzklagen, das heißt mit einer Transfergesellschaft, hätte das Unternehmen vermutlich auch mit Verlust und mit den angebotenen Beiträgen von ver.di verkauft werden können", sagte er in dem Interview.

Geiwitz hatte verzweifelt versucht, die gekündigten Schlecker-Mitarbeiter in Transfergesellschaften unterzubringen, um solche Klagen zu vermeiden. Diese waren aber am Widerstand der FDP gescheitert. "Ich glaube, dass es keinen einzelnen Schuldigen gibt", sagte Geiwitz. So kamen noch andere Punkte zum endgültigen Aus der einstmals größten deutschen Drogeriekette hinzu: ver.di wollte nicht dem Lohnverzicht zustimmen, den Geiwitz forderte. Zudem machte das Unternehmen weiter laufende Verluste, weil nötige Schritte in der Vergangenheit ausblieben, um das defizitäre Geschäft wieder profitabel zu machen.(dapd)