Berlin.. Im Streit um neuen Stromtrassen in Deutschland hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende die Bevölkerung um Akzeptanz gebeten. Merkel gibt sich optimistisch, den Anteil regenerativer Energien weiter auszubauen. Der deutsche Bauernverband fordert unterdessen höhere Entschädigungen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dazu aufgerufen, für die Energiewende den Bau
von Hochspannungsleitungen zu akzeptieren. Beim Netzausbau gebe es beschleunigte
Verfahren, dafür wolle man aber die Bürger "sehr früh bei der Planung
beteiligen", sagte Merkel am Wochenende in ihrem neuen Video-Podcast. Bis Ende des
Jahres werde es ein Gesetz geben, "und dann können die Bauarbeiten beginnen".
Hierbei geht es vor allem um die großen Leitungen, die den Windstrom aus dem
Norden in den Süden bringen sollen.
Auch nach Auffassung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung
(DIW) macht die Energiewende die Optimierung des deutschen und europäischen
Stromnetzes dringend notwendig. Neue Nord-Süd-Verbindungen seien nötig, "um
Strom aus Offshore-Windkraftanlagen in Regionen im Süden und Westen zu
transportieren, wo Atom- und Kohlekraftwerke abgeschaltet werden", sagte
DIW-Energiexpertin Claudia Kemfert.
Eine Erweiterung des europäischen Stromnetzes brauche Deutschland, um
den Stromhandel zu verbessern und "um Speicherpotenziale wie in Skandinavien
oder auch in den Alpenregionen zu nutzen", sagte Kemfert weiter. Erforderlich
seien auch intelligente deutsche Verteilernetze. Diese könnten die
Stromnachfrage der Verbraucher über den Preis einem schwankenden Angebot
anpassen.
"Das lassen wir uns nicht gefallen"
Der scheidende Bauernpräsident Gerd Sonnleitner kritisierte dagegen
die Pläne der Bundesregierung scharf. "4000 Kilometer Stromtrassen sollen über
unsere landwirtschaftliche Flächen führen. Für unseren landwirtschaftlichen
Grund und Boden will man uns mit den Entschädigungssätzen des 40 Jahre alten
Energiewirtschaftsgesetz abspeisen. Das lassen wir uns nicht gefallen", sagte
Sonnleitner der "Passauer Neuen Presse".
"Die Netzbetreiber, die Kommunen - alle erhalten marktgerechte Preise
für ihr Eigentum oder ihre Leistungen. Für unsere Bauern dagegen kommen auch
noch Flächenverluste durch Ausgleichsflächen hinzu", klagte Sonnleitner. Für die
Landwirte bedeute das weniger Wertschöpfung und Verdienstmöglichkeiten und
zugleich Verteuerung von Grund und Pachten.
CDU-Chefin Merkel zeigte sich derweil überzeugt, dass die
Stromversorgung bis Ende 2022 ohne Kernkraft auskommt: "Dass wir schon 20
Prozent an der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien haben, ist ein
Riesenerfolg. Die Herausforderung sei, Kraftwerke, die unabhängig vom Wetter
rund um die Uhr Strom erzeugen können, mit den erneuerbaren Energien zu
verbinden oder aber Energie zu speichern.
"Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das einen Vorrang für Einspeisung
erneuerbarer Energien hat, muss intelligent mit den Investitionsanreizen für
grundlastfähige Kraftwerke verkoppelt werden. Dann schaffen wir das", sagte die
Kanzlerin. (dapd)