Athen. Die neue griechische Regierung will einige Maßnahmen aus dem Rettungspaket neu verhandeln und hat erstmals eine Liste mit den zur Diskussion stehenden Themen vorgelegt. So sollen einige Steuern zurückgenommen und gekürzte Leistungen an Geringverdiener wieder eingeführt werden.

Das neue Regierungsbündnis in Griechenland hat ein Strategiepapier mit Änderungswünschen am Maßnahmenkatalog aus dem Rettungspaket vorgelegt. Hauptziel sei das Ende von Lohn- und Rentenkürzungen, hieß es in dem am Samstag in Athen veröffentlichten Koalitionsvertrag. Demnach sollen auch einige Steuern zurückgenommen werden. Vorgesehen sei etwa eine Senkung der Verbrauchssteuer für Gastronomie und Landwirtschaft. Ferner werde die Regierung keine weiteren Entlassungen im Öffentlichen Dienst aussprechen.

Vor der Wahl am vergangenen Wochenende hatten die Koalitionsparteien Neue Demokratie und PASOK angekündigt, generell am Sparprogramm festhalten, aber einige Maßnahmen mit den internationalen Kreditgebern neu verhandeln zu wollen.

Die neue Regierung strebe zwei Jahre Aufschub für die Umsetzung der strengen Finanzreformen an, um Nachfrage, Entwicklung und Beschäftigung anzukurbeln, hieß es weiter. Auf diesem Wege könnten die endgültigen Finanzziele erreicht werden - ohne weitere Kürzungen der Löhne, Renten und des öffentlichen Investitionsprogramms. Stattdessen wolle man sich dafür die Eindämmung von Verschwendung sowie den Kampf gegen Korruption, Steuerflucht und die Schattenwirtschaft auf die Fahnen schreiben.

Verlängerung von Arbeitslosenhilfe anvisiert

Außerdem peilt die Regierung an, Arbeitslosengeld statt bislang ein Jahr zwei Jahre lang auszuzahlen. Unterstützung sollten künftig auch Selbstständige erhalten, die ihr Geschäft verloren haben. Die Grenze für den Grundfreibetrag soll zudem schrittweise dem europäischen Durchschnitt angenähert werden.

Die Regierungskoalition kündigte auch an, die Tarifabschlüsse wieder auf den im "europäischen Sozialgesetz festgelegten Stand" bringen und Kürzungen am Mindestlohn auf den Prüfstand stellen zu wollen. Dieser liegt als Folge der Verhandlungen über das zweite Rettungspaket für Athen bei derzeit rund 580 Euro monatlich. Das entspricht einer Kürzung von 22 Prozent. Eine Vielzahl derzeit verbindlicher Vermögensteuern solle zudem durch eine einzige Abgabe ersetzt werden, hieß es. Geplant seien auch "Notfallmaßnahmen", durch die die Versorgung von Krankenhäusern mit Medikamenten sichergestellt werden soll. Gleichzeitig werde man an Ausgabenkürzungen im Pharma- und Krankenhaussektor festhalten.

Ob die neue Regierung seine gewünschten Anpassungen tatsächlich verwirklichen kann, hängt nicht zuletzt von deren Beurteilung durch die internationalen Gläubiger ab. So hat Deutschland zuletzt darauf gedrungen, dass Hellas sich strikt an die eingangs festgezurrten Sparziele hält. Die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) wird am Montag in Athen erwartet, um die finanzielle Lage unter die Lupe zu nehmen und die Gespräche nach fast zweimonatigem politischen Stillstand im Land wieder aufzunehmen.

Samaras erholt sich nach Augenoperation gut

Ministerpräsident Antonis Samaras hatte sich kurz vor Veröffentlichung des Strategiepapiers wegen einer beginnenden Netzhautablösung einer Augenoperation unterziehen müssen. Der unter Vollnarkose erfolgte Eingriff sei am Samstagmittag erfolgreich beendet worden. Samaras erhole sich gut. Der ihn behandelnde Arzt sagte, der 61-jährige Ministerpräsident müsse vermutlich noch bis Montag im Krankenhaus bleiben. Eine Entscheidung darüber werde aber am (morgigen) Sonntag fallen.

Auch der designierte Finanzminister Vassilis Rapanos wurde stationär behandelt. Er war am Freitag zur Untersuchung ins Krankenhaus gebracht worden, weil er unter heftigen Unterleibsschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Schweißausbrüchen und Schwächegefühl litt. Der 65-jährige Rapanos blieb auch am Samstag noch in einer Privatklinik, die mitteilte, das Ergebnis der Untersuchungen sei "sehr zufriedenstellend" und Rapanos' Gesundheitszustand "stabil und sich bessernd". Weitere Details wurden nicht mitgeteilt. Die Behandlung werde fortgesetzt, hieß es. (dapd)