Bochum. Der Sänger Herbert Grönemeyer hat bei einem Konzert eindringlich vor einem möglichen Aus des Opel-Werks in seiner Heimatstadt Bochum gewarnt: “Das Opel-Werk Bochum darf nicht sterben.“ Er geißelte die Opel-Spitze für einen unwürdigen Umgang mit den Mitarbeitern.
In die Diskussion über eine mögliche Schließung des
Opel-Standorts Bochum ab 2015 hat sich Herbert Grönemeyer mit kraftvoller Stimme
zu Wort gemeldet. Der Sänger appellierte an den Opel-Mutterkonzern General
Motors (GM), das Werk in seiner Heimatstadt Bochum "nicht sterben zu
lassen".
Opel sei "eine Traditionsfirma mit Wurzeln in Deutschland", sagte der
Musiker am Rande seines Open-Air-"Heimspiels" in
Bochum am Dienstagabend. "Wenn der Mutterkonzern GM aufhört, in Bochum Autos zu
bauen, wirft das auch ein schlechtes Licht auf das Unternehmen, das einer der
größten Autohersteller der Welt ist", sagte Grönemeyer.
Hintergrund der Standortspekulationen ist die Furcht vor einer
Verlagerung der Zafira-Produktion ins Opel-Stammwerk nach Rüsselsheim. Diese
würde vermutlich einer Schließung des Standorts Bochums bedeuten, wenn 2014 die
Beschäftigungsgarantie ausläuft.
Grönemeyer: "So geht man nicht mit Menschen um"
Dabei geht es nach Ansicht des Sängers nicht nur um eine
Standortentscheidung, die aus reinem unternehmerischem Kalkül getroffen werde.
"Die Art und Weise trifft die Menschen ins Mark", sagte Grönemeyer, der mit dem
Album "4630 Bochum" einen seiner größten Hits landete.
"So geht man nicht mit Menschen um. Die Leute fühlen sich in ihrer
Kultur verletzt", sagte der Musiker. Grönemeyer wurde zwar in Göttingen geboren,
ist aber in der Revierstadt aufgewachsen. Er kennt die Menschen und ihre
Mentalität bestens und hat sie in seinen Liedern ("Currywurst", "Bochum") immer
wieder besungen. "Das Ruhrgebiet fußt auf einer Kultur der Verlässlichkeit",
sagte Grönemeyer.
Das habe seine Wurzeln in der Arbeiterkultur des Bergbaus: "Und
dieses Gespür für Verlässlichkeit hat sich bis heute erhalten", ist der Musiker
überzeugt. Umso größer sei daher die Verunsicherung, die derzeit in der Stadt zu
spüren sei. "Opel war für uns immer der Herzschlag von Bochum", erinnert sich
der Sänger. Für ihn persönlich symbolisiere das 1962 auf einem ehemaligen
Zechengelände errichtete Werk den Wechsel "weg vom Bergbau hin zu neuen
Perspektiven", berichtete der 56-Jährige. Die Ansiedlung von Opel sei für ihn
und viele andere Bochumer "der nächste Schritt auf diesem Weg" gewesen.
Grönemeyers Eltern fuhren Opel Olympia und Kapitän
Überhaupt seien die Menschen im Revier mit Opel emotional eng
verbandelt, nicht nur weil der Automobilhersteller über Jahrzehnte ein
verlässlicher Arbeitgeber für bis zu 20.000 Menschen gleichzeitig war. "Schon
meine Eltern fuhren Opel Olympia und Kapitän", sagte Grönemeyer, der der
Belegschaft auf der Betriebsversammlung zu Wochenanfang in einem offenen Brief
Mut gemacht hatte.
Wenn es um den "A-Kadett" geht, mit dem seinerzeit die Produktion in
Bochum anlief, wird der bekennende Auto- und Oldtimerfan Grönemeyer, der derzeit
einen Volvo 123 GT Amazon fährt, nostalgisch. "Der Kadett war für uns Jungs, die
wir damals waren, das Maß aller Dinge." 1983 widmete er dem Auto sogar einen
gleichnamigen Titel auf dem Album "Gemischte Gefühle".
"Fight um Existenzen"
Heute aber gehe es den Herstellern nicht länger darum, attraktive
Autos zu bauen, sondern zunehmend nur um Profit. Für Grönemeyer der falsche Weg:
"Es geht um Familien und Menschen, die um ihre Existenzen fighten", sagte
er.
Grönemeyer sieht sich in der aktuellen Standortdebatte "nicht als
Sprachrohr", sondern als jemand, der mithilft, dass die nach
Gewerkschaftsangaben 45.000 direkt oder indirekt von einer möglichen
Werkschließung betroffenen Menschen in Nordrhein-Westfalen die nötige
Aufmerksamkeit bekommen. "Sprechen können die Menschen für sich", sagte
Grönemeyer. "Aber ich denke, ich kann ihrer Wut und der Ohnmacht eine Farbe
geben."
Ende Juni soll die Entscheidung über die Opel-Fabrik in der
GM-Zentrale im fernen Detroit fallen. Den 3.2000 "Opelanern" am Standort Bochum
wäre es zu wünschen, dass sie erhalten bleibt, sagte Grönemeyer.