Essen. . Weil Landwirte zu viel Antibiotika ins Futtermittel geben, ist fast überall der Keim laMRSA nachweisbar. Selbst Biohöfe sind betroffen – allerdings weitaus seltener. Jetzt soll die Antibiotika-Verwendung in Tierställen minimiert werden.

In fast jedem Betrieb, der auf konventionelle Art Tiere züchtet und mästet, sind antibiotika-resistente Keime, so genannte laMRSA, nachweisbar. Zu diesem Schluss kommt die Tierärztliche Hochschule Hannover nach der Auswertung einer umfassenden Studie. Besser sieht es nur in Bio-Ställen aus.

Die Konsequenz für den Leiter der Studie, Prof. Thomas Blaha: „Wir müssen generell nachdenken, wie wir die Antibiotika-Verwendung in Tierställen minimieren“. Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) will noch vor der Sommerpause ein entsprechendes Aktionspaket im Kabinett einbringen.

Drei Jahre lang haben Wissenschaftler Schweinezucht- und mastbetriebe untersucht. „Der Befall mit laMRSA-Keimen ist flächendeckend“, sagt Thomas Blaha, Leiter der Außenstelle für Epidemiologie, die zur Tierärztlichen Hochschule Hannover gehört. Betroffen sei nicht nur die Schweine- sondern auch die Geflügelmast. Auch für Biobetriebe gebe es keine Entwarnung: In jedem vierten ökologisch betriebenen Stall komme der Keim vor.

Keine Gefahr für Verbraucher

So besorgniserregend der Befall ist: Für die Verbraucher bestehe zunächst keine Gefahr, sagt Blaha. „Der Keim fühlt sich wohl in Tierbeständen, dem Menschen tut er nichts, solange er nicht in großen Mengen auf offene Wunden gerät“. Dass das so bleibe, sei aber nicht sicher, sagt der Professor. Obendrein bestehe auch die Gefahr, dass Tierärzte und Landwirte, von denen fast jeder Zweite den Keim „auf der Nase“ trage, in Krankenhäuser einschleust.

Zwar weisen die laMRSA-Keime in der Regel weniger Resistenzen auf als der so genannte Krankenhaus-Keim MRSA. Ein Sprecher des Agrarministeriums erklärte aber, sie könnten genetische Eigenschaften austauschen, die sie unempfindlicher gegen Antibiotika mache. Für Thomas Blaha besteht daher kein Zweifel: Tierhalter und Tierärzte müssten, bevor sie im Krankenhaus behandelt werden, auf laMRSA untersucht werden. Sofern es sich nicht um einen Notfall handelt, dürften sie erst operiert werden, wenn der Keim nicht mehr nachweisbar sei. Laut Agrarministerium hat die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention bereits eine entsprechende Empfehlung herausgegeben.

Gegen Antibiotika in Tierställen

Noch wichtiger sei es aber, die Wurzel der Resistenzen auszumerzen: Die unkontrollierte Vergabe von Antibiotika in Tierställen. Für das Landwirtschaftsministerium ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis entsprechende Richtlinien erarbeitet und umgesetzt worden sind. Ein Kabinettsentwurf sei in Arbeit, sagt ein Sprecher. Ziel sei, die Transparenz zu erhöhen. Wer verwendet wann und warum Antibiotika? Sind Hygienemängel die Ursache für Krankheiten? Werden – trotz Verbot – Antibiotika eingesetzt, um Krankheiten vorzubeugen und/oder schlicht das Wachstum zu fördern?

Garantiert keimfreies Fleisch werde es erst mal nicht geben, sagt Thomas Blaha, „wir müssen damit leben“. Den Verbrauchern rät er, in der Küche besonders auf die Hygiene zu achten, Geflügel- und Schweinefleisch gut durchzubraten und Hände, Schneidbretter und Messer auch während der Zubereitung zu reinigen. „Statt Kochsendungen müsste es mehr Informationssendungen über die Küchenhygiene geben“, sagt er. Ob Verbraucher nun weniger Fleisch essen sollten? „Das ist eine rein ethische Frage“, sagt der Professor. Und eine „hochberechtigte“ in Zeiten der Massentierhaltung. „Mit MRSA hat sie aber nichts zu tun“.