Essen.. Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz ist Thorsten Grenz ein Graus. Der Müll-Unternehmer kritisiert, dass damit Wettbewerb um Abfall verhindert würde. Die Kommunen könnten quasi ungehindert an der Preisschraube drehen: Die höheren Kosten müssten dann die Bürger zahlen. Dann will doch lieber er verdienen.
Man mag es beim Blick in die müffelnde Tonne kaum glauben, aber Müll kann ganz schön wertvoll sein. Doch weil der Wettbewerb um lukrative Entsorgungsaufträge politisch ausgebremst werde, drohen den Bürgern höhere Müllgebühren, prophezeit die private Entsorger-Branche. Stein des Anstoßes ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das Anfang Juni in Kraft tritt und nach Ansicht von Thorsten Grenz „völlig verunglückt“ ist. Grenz ist Chef von Veolia Umweltservice und Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE). Das Gesetz „räume den Kommunen Monopole auf Wertstoffe ein, die den Bürgern gehören und die sie bezahlt haben“, so Grenz bei einem Besuch in der NRZ-Redaktion. Außerdem würden damit Müllverbrennung und Recycling faktisch gleichgestellt. „Dadurch können die Kommunen beliebig an der Preisschraube drehen und dann Sekundärrohstoffe in ineffizienten Müllverbrennungsanlagen verheizen“, sagt der BDE-Vize.
Gute Geschäfte mit Gewerbemüll
Viel effizienter sei es stattdessen, Wertstoffe aus dem Abfall zu sortieren und wiederzuverwenden, eben „wieder zu Rohstoffen zu machen“. Zur Auslastung zu groß gebauter Müllöfen könne man „lieber Müll aus Italien importieren“.
Auch wenn sein Verband noch gewisse Hoffnungen hegt, dass die EU Teile des Müllgesetzes kippt – für sein Unternehmen erwartet Grenz, dass das Geschäft mit dem kommunalen Hausmüll hierzulande auch künftig nur eine untergeordnete Rolle spielt. Nach Einschätzung von Branchenexperten erwirtschaftet Veolia Umweltservice heute nur ein Fünftel des Umsatzes von zuletzt rund 1,2 Milliarden Euro mit kommunalem Hausmüll, 80 Prozent der Erlöse stammen aus dem gewerblichen Bereich. Diese Quote ist offenbar auch eine Folge der von Grenz eingeleiteten Restrukturierung bei der deutschen Veolia. 2007 hatte der französische Mutterkonzern die deutsche Entsorgungsfirma Sulo gekauft. Doch statt Gewinne einzufahren, mussten die Franzosen 400 Millionen Euro auf den Erwerb abschreiben – fast ein Drittel des Kaufpreises.
Mittlerweile schreibt die deutsche Tochter wieder schwarze Zahlen und ist auf Wachstumskurs. Während es bei der städtischen Müllentsorgung „nur um den Preis“ gehe, gehe es bei der Entsorgung in Unternehmen oft um Einzelfalllösungen, so Grenz, „bei denen wir etwas lernen können“. Dass dabei auch mehr in der Kasse bleibt, dementiert er nicht.
Recycling wird als alternative Rohstoffquelle immer wichtiger
Nun will Grenz dem Marktführer Remondis in dessen Stammland NRW verstärkt Konkurrenz machen. Dazu geht sein Unternehmen in die Offensive und sucht einen Standort im Ruhrgebiet für eine neue Regionalzentrale. Eine zweistellige Zahl von Verwaltungsmitarbeitern solle von dort aus das NRW-Geschäft lenken. „Für uns ist NRW und gerade das Ruhrgebiet als industrielles Kernland der Republik mit zahlreichen Weltunternehmen ein Standort mit sehr viel Potenzial. In kaum einer anderen deutschen Region sind unsere Zielkunden so konzentriert wie im Ruhrgebiet“, so Grenz, der vor allem auf industrielle Dienstleistungen und geschlossene Wertstoffkreisläufe für Unternehmen setzt.
Vor allem in der Gewinnung von Sekundärrohstoffen durch Recycling sieht Grenz einen „Makro-Trend der Zukunft“. „Angesichts des steigenden Rohstoffverbrauchs wird Recycling als alternative Rohstoffquelle immer wichtiger.“ Die Frage sei indes, „wer das Geschäft macht – wir Entsorger, oder die Hersteller selbst?“ Bislang sei die Entsorgungsbranche nur bei alten, tradierten Stoffen „wirklich gut. Bei Papier und Glas geht uns beim Recycling nichts verloren.“ Bei modernen Werkstoffen wie Glasfaser (z.B. Windräder) oder Kohlefaser (z.B. moderne Autokarosserien) jedoch stecke die Entwicklung erst in den Kinderschuhen.
Weiterhin getrennte Müllsammlung
Wenig Hoffnung macht Grenz, dass in absehbarer Zeit eine einzige Tonne im Haushalt genügt, weil dann moderne Technik das Sortieren übernimmt. „Die getrennte Sammlung führt einfach zu besseren Qualitäten der Wertstoffe.“ Aber wenn etwa zwei, drei Ruhrgebiets-Städte ein solches Projekt ausschrieben, „würden wir uns auf jeden Fall bewerben“.
Ernsthaft glaubt Grenz aber kaum an ein solches Szenario. Vielmehr versuchten die Kommunen gerade, gleich mit einem weiteren Gesetz neue Claims für sich abzustecken. Mit Hilfe einer gesetzlich verankerten Wertstofftonne – die dann deutlich mehr Reststoffe als derzeit die gelbe Tonne aufnähme – wollten die Kommunen auch diesen Teil des Hausabfalls für sich. „Das erprobte und eingespielte Duale System ist damit einmal mehr massiv unter Beschuss“, warnt der BDE-Vize.