Düsseldorf. . Die beiden Patentkammern am Düsseldorfer Landgericht haben viel zu tun. Sie hatten den medienwirksamen Streit zwischen Nokia und Apple auf dem Tisch. Der Streitwert pro Fall kann bis zu 30 Millionen Euro betragen. Die Prozessgebühren fließen in die Landeskasse.
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Über die Auseinandersetzung von Nokia und Apple dürfte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty entzückt gewesen sein. Denn die beiden Technologie-Riesen zankten sich medienwirksam vor dem Düsseldorfer Landgericht um Mobilfunk-Patente. Weil bei solchen Verfahren wegen des hohen Streitwerts bis zu 30 Millionen Euro üppige Gerichtsgebühren anfallen. Rund 7,5 Millionen Euro spülten Patentstreitigkeiten allein 2011 in die Landeskasse. Rund 600 Fälle werden pro Jahr in der Landeshauptstadt verhandelt – auch europaweit Spitze.
Die beiden Patentrechtskammern am Düsseldorfer Landgericht genießen auch international ein sehr hohes Ansehen. „Weil Firmen und Anwälte den hohen Sachverstand der Düsseldorfer Richter zu schätzen wissen“, sagt Christoph Graf von der Groeben, Patentrechtsanwalt aus der Landeshauptstadt. So verklagte vor Jahren der US-Klebstoffhersteller 3M einen Konkurrenten, weil die Amerikaner ihr Patent für Klettverschlüsse an Babywindeln verletzt sahen.
Es müssen nicht immer hochtechnische Verfahren sein, die vor Patentgerichten landen. Auch über Hundeshampoo mussten die acht Richter schon befinden. „Es gibt praktisch kein Gebrauchsgut, das noch nicht Gegenstand einer Verhandlung in Düsseldorf war“, sagt Anwalt von der Groeben.
Unternehmen vergleichen sich
In vielen Fällen ging es um Telekommunikation und Elektronik, man könnte schon fast von einem Schwerpunkt in Düsseldorf sprechen. „Ein Handytelefonat berührt eben mehrere Hundert Patente“, sagt Andreas Vitek, Sprecher des Landgerichts. Sony und Huawei, Nokia und Apple, Ericsson und NTT Docomo, sie alle zogen am Rhein vor Gericht, um ihre Patente durchzusetzen oder zu verteidigen.
Nicht alle Verfahren endeten mit einem Urteil, viele Unternehmen verglichen sich auch – am Richtertisch oder außerhalb des Gerichtssaals. Dennoch: Ein Großteil der in Düsseldorf verhandelten Verfahren sind Unterlassungsklagen. „Und die werden immer mit einem Urteil entschieden“, sagt Andreas Vitek.
Lange Verhandlungszeiten
In allen Fällen müssen die Düsseldorfer Richter viel Sachverstand beweisen. „Wir Anwälte haben ja oft die Möglichkeit, auf die Rechtsabteilungen der Unternehmen zurückzugreifen“, sagt Anwalt von der Groeben. Die Richter müssten sich dagegen oft ohne die Hilfe von Gutachtern in komplexe technische Sachverhalte einarbeiten – und dann ein Urteil fällen. „Dadurch zeichnet sich der Standort aus: durch die hohe Qualität der Arbeit und durch Sachkompetenz“, so von der Groeben.
Komplexe Verfahren bedeuten allerdings auch längere Verhandlungszeiten. Laut Fachmagazin Juve dauert ein durchschnittliches Patentverfahren in Düsseldorf zwischen 15 und 17 Monaten. Andere Standorte sind da schneller: In Mannheim wird im Schnitt zwischen neun und elf Monaten verhandelt, in München zwischen sieben und zehn Monaten. Will eine Firma eine schnelle Entscheidung in einem Patentrechtsstreit, meide sie mittlerweile Düsseldorf und favorisiere oft andere Standorte, so Juve.
Dritte Kammer geplant
Die Landesregierung weiß das – und will gegensteuern. NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) kündigte Ende März an, den Düsseldorfer Standort auszubauen. Eine dritte Patentkammer mit drei weiteren Richtern soll bis Anfang 2013 ihre Arbeit aufnehmen. „Dann dürfte auch die Verfahrenszeit deutlich sinken“, sagt Gerichtssprecher Vitek.
Mit drei Kammern wäre Düsseldorf auch im internationalen Wettstreit gut gerüstet. Denn die EU-Kommission will ab kommendem Jahr EU-Patente einführen. Deutschland soll drei Gerichtsorte stellen, wo entsprechende Patente verhandelt werden können. Düsseldorf ist ein heißer Kandidat.