Essen. Mitarbeiter des Discounters Aldi Süd haben laut Medienberichten Kundinnen heimlich gefilmt und die Videos untereinander ausgetauscht. Dabei hätten es Aldi-Angestellte in Frankfurt, Dieburg und anderen hessischen Filialen vor allem auf Frauen in kurzen Röcken und tief ausgeschnittenen Tops abgesehen gehabt, so das Magazin.

Jung, knackig, frisch. Diese
Kriterien sollen für Aldi-Filialleiter nicht nur bei der professionellen
Gemüseauswahl gegolten haben, sondern auch bei der voyeuristischen Betrachtung
von Frauen. Dafür sprechen geheime sexistische Filmchen, über die der „Spiegel“
berichtet. Wenn Kundinnen in kurzen Röcken oder mit tief ausgeschnitten Blusen
im Laden auftauchten, hätten Aldi-Männer ganz nah rangezoomt. Aber nicht nur
dann. Auch später, an der Kasse, wenn Kunden mit EC-Karte zahlten und ihre
Geheimzahl eingaben, sollen sie ausspähbar gewesen sein.

Die „Spiegel“-Story zeichnet
ein unappetitliches Bild von Deutschlands Handelsriesen. Die heimlichen
Schmuddelfilmchen sollen in hessischen Filialen der Kette Aldi Süd gedreht
worden sein, darunter auch in Frankfurt. Mit versteckter Kamera gingen demnach
Filialleiter gezielt auf Motivjagd. Sobald sich sommerlich leicht bekleidete
Frauen vor Regalen bückten oder über Theken beugten, sollen Nahaufnahmen
geschossen worden sein. Die Streifen mit den ahnungslosen Kundinnen seien  später auf CD gebrannt und unter
Aldi-Mitarbeitern getauscht worden.

Der Discounter ging gegenüber
dem „Spiegel“ nicht auf einen konkreten Fall ein. „Sollte ein missbräuchlicher
Umgang den Vorgesetzten bekannt werden, wird ein solches Vorgehen umgehend
untersucht, unterbunden und zieht entsprechende disziplinarische Konsequenzen
nach sich“, wird eine Aldi-Stellungnahme zitiert.

Sicher scheint: Der Discounter
will über immer mehr im Bilde sein. Kameras wachen auch über die
Kassenbereiche. Wie tief sie in die Privatsphäre eindringen, darüber gehen die
Angaben auseinander. Aldi Süd sagte dem „Spiegel“, „dass die PIN-Eingabe
keinesfalls einsehbar wird“. Doch Bilder, die dem Magazin vorliegen, sollen das
Gegenteil belegen. „Eindeutig“ sei nicht nur das EC-Karten-Terminal zu sehen.
Der Ausschnitt lasse sich auch per Joystick so weit heranzoomen, dass jede
einzelne Ziffer erkennbar werde.

Aldi Süd relativiert. Die
Daten seien „nur zur Sicherung von Beweismaterial nach außergewöhnlichen
Ereignissen (Straftaten, Unfälle, Brände oder ähnliches)“ gedacht, entgegnet
die Kette. Mobile Kameras dienten ausschließlich zum „Schutz unserer
Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten vor Gefahrensituationen und Überfällen, zur
Prävention und zum  Schutz des
Eigentums“.

Doch der Discounter soll nicht
nur Kunden gefilmt, sondern auch Mitarbeiter überwacht haben. Mobile
Kameraanlagen liefen bei Aldi Süd 
demnach nicht nur in Verkaufsräumen, sondern auch dort, wo es keinerlei
Kundenkontakt gibt – und damit auch keine Hinweisschilder auf Kameras. In
Zentrallagern sollen Aldi-Lagermitarbeiter und Speditionsbeschäftigte überwacht
worden sein, ohne dass diese davon etwas ahnen konnten, berichtet das Magazin.

Es agelt Kritik. Der
Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar, hält solch heimliche
Überwachung für „unzulässig“. Jutta Reiter, Chefin der 170 000 Mitglieder starken DGB-Region Dortmund-Hellweg,
fragt: „Lief das alles systematisch? Wurde es aktiv betrieben und geduldet?“
Falls ja, dann solle sich der Konzern warm anziehen. Reiter: „Wenn Aldi
gegenüber Beschäftigten, Lieferanten und Kunden derart Missbrauch treibt, wird
das der nächste Schlecker.“