Helsinki. Der Handy-Weltmarktführer Nokia schreibt rote Zahlen - und es scheint keine Besserung in Sicht zu sein. Die Einführung des neuen Smartphones, Lumia 900, ist gescheitert. Ein Softwarefehler sorgt dafür, dass die Datenverbindungen gestört sind. Die harte Konkurrenz durch Apple und Google macht Nokia zu schaffen.

Der strauchelnde Handy-Weltmarktführer Nokia sieht kein Ende seiner Krise ab: Trotz neuer Modelle und eines Führungswechsels muss der finnische Smartphone-Erfinder einen Verlust im Kerngeschäft einräumen. Der Konzern kündigte am Mittwoch überraschend rote Zahlen im abgelaufenen ersten Quartal wie auch im gerade begonnenen zweiten Vierteljahr an. Nokia-Aktien brachen daraufhin um mehr als 18 Prozent ein, auf 3,10 Euro.

Die Finnen mussten am Mittwoch eine zweite schlechte Nachricht unters Volks bringen: Der Konzern hat den Marktstart des neuen Nokia-Hoffnungsträgers, seines Windows-basierten Modells Lumia 900, vermasselt. Das Smartphone ist in den USA seit Sonntag auf dem Markt - wegen eines Softwarefehlers sind aber ausgerechnet Datenverbindungen gestört.

Furchtbares erstes Quartal, schlimmeres zweites Quartal

Experten bezeichneten die Entwicklung als "Desaster". Die Lage sei für Nokia sehr schwierig, sagte Analyst Thomas Langer von der WestLB. Er hält eine weiteres Restrukturierungsprogramm für nötig. Analyst Mikael Rautanen von Inderes sagte, die Gewinnwarnung sei überraschend massiv ausgefallen. "Ich hätte gedacht, dass der Rückgang im zweiten Quartal gestoppt würde, aber jetzt sieht es so aus, als ob das erste Quartal furchtbar war und das zweite noch schlimmer wird", sagte der Experte. Die Finnen legen am Donnerstag in der nächsten Woche offiziell die Zahlen zum abgelaufenen ersten Quartal vor.

Der harte Wettbewerb vor allem bei den boomenden Smartphones hat Nokia zugesetzt. Die Europäer mussten die Spitzenstellung in den USA bereits an die Konkurrenz Apple und Google abgeben. Um die Trendwende zu schaffen, haben die Finnen ihr eigenes Handy-Betriebssystem Symbian aufgegeben und nutzen nun die Microsoft-Variante. Doch die Umstellung läuft holprig.

Experten sagten, der Wechsel sei mit für das schwache Geschäft verantwortlich, deswegen werde dies vorübergehen. Andere wiesen darauf hin, dass die Lumia-Modelle günstiger auf den Markt gekommen seien, als in der Branche erwartet worden war. "Der Punkt ist, selbst mit einer aggressiven Preisstrategie können sie die fehlende Nachfrage nach Symbian-Geräten nicht mehr ausgleichen", sagte Langer.

Softwarefehler beim neuen Smartphone

Auf das Lumia 900 setzte Nokia seine Hoffnungen - doch die Einführung wurde vermasselt.
Auf das Lumia 900 setzte Nokia seine Hoffnungen - doch die Einführung wurde vermasselt. © rtr

Das erst am Sonntag in den USA eingeführte Smartphone Lumia 900 hat einen Softwarefehler, der die zentrale Datenverbindung instabil macht. "Um den 16. April" soll es nach Angaben des Konzerns eine Software geben, die den Fehler behebt. Alte und neue Käufer bekommen das Handy nun de facto sogar umsonst: Bis 21. April erhält jeder eine Gutschrift in Höhe von 100 Dollar über Nokias Mobilfunkpartner AT&T, auch rückwirkend. Das Handy ist dort exklusiv für 99,99 Dollar inklusive Zwei-Jahresvertrag im Angebot. Bis zum Sommer soll es weltweit verkauft werden.

Das Windows -Handy, das bereits mehrere Preise gewonnen hat, gilt für Nokia als Hoffnungsträger für das Comeback in den USA. Die Europäer sind zwar nach Absatz immer noch Weltmarktführer bei Handys, doch bei den boomenden Smartphones haben sie längst das Nachsehen, vor allem wegen der schwachen Stellung in den USA.

Dabei hatte Nokia das Smartphone quasi erfunden, nämlich Ende der 1990er-Jahre mit der Communicator-Reihe. Bis zum Start des populären iPhones von Apple war Nokia Marktführer. Ende 2010 holten sich die Finnen dann den früheren Microsoft-Manager Stephen Elop an die Firmenspitze, um die Trendwende zu schaffen.

Experten halten die Entschädigungsregelung für vergleichsweise kostspielig und verwiesen auf den Image-Schaden, der noch schwerer wiegt. Nokia habe einen klassischen Fehlstart hingelegt, sagte Analystin Carolina Milanesi von der Marktforschungsfirma Gartner: "Das ist, als ob sie zu Beginn des Rennens, wenn alle Augen auf sie gerichtet sind, den Motor abgewürgt hätten." (rtr)