Essen. . Der Handel mit Internetadressen boomt. Der Kölner Weltmarktführer Sedo verkauft jedes Jahr über 40 000 Adressen. Doch auch Privatpersonen schaffen es mit viel Geschick, Profit aus dem Geschäft mit Internetadressen zu machen. Bei den Firmen beginnt der Wettlauf um neue Domains, die bald freigeschaltet werden.

Sex.com. Sechs Buchstaben, ein Punkt, 13 Millionen Dollar Wert. Diesen Preis erzielte der Verkauf der Internetadresse im Jahr 2010. ­Vodka.com wechselte für drei Millionen Dollar den Besitzer – eingefädelt vom Kölner Adresshändler Sedo. Ausnahmen, zugegeben. Doch der Handel mit Internet­adressen brummt – noch immer. Allein Weltmarktführer Sedo verkauft jedes Jahr 40 000 bis 50 000 Adressen. Mitunter gibt es aber auch Streit – wie bei „116117.de“.

Die Adresse gehört dem Detmolder Bodo Schaffeld. Der hatte sich die Adresse registrieren lassen. 116117 ist aber auch die zentrale Rufnummer der ärztlichen Bereitschaftsdienste. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Betreiber der Rufnummer, wollte auf 116117.de eine Internetseite mit Patienteninfos einrichten. Daraus wurde nichts. Weil Schaffeld schneller bei der Registrierung war. Der Detmolder betreibt den Handel mit Internetadressen, das sogenannte Domaining, schon seit Jahren. Mit dem Verkauf von shopping.eu konnte er einen sechsstelligen Betrag erlösen, mit 116117.de hatte er weniger Glück. Die Seite, auf der sich bis vor kurzem noch leicht bekleidete Damen rekelten, ist mittlerweile vom Netz. Die KBV sagt, man sei beim Erwerb der Adresse auf Widerstand gestoßen. Besitzer Schaffeld bestreitet, Kontakt zu den Ärzten gehabt zu haben. Und will eigentlich gar nicht mehr darüber reden.

Streit um Adressen gibt es immer wieder. Mitunter landen die Fälle auch vor Gericht. Wie die Auseinandersetzung um vw.de. Oder kurt-biedenkopf.de. Oder viagrabestellung.de. Oft klagen Markeninhaber gegen andere, die bei der Registrierung schneller waren, weil sie auf das schnelle Geld hofften. „Wenn sich Kunden an uns wenden, die eine Adresse erwerben wollen, hinter der sich eine Marke verbirgt, dann raten wir davon ab“, sagt Semra Körner, Sprecherin von Sedo. „Wir haben eine schwarze Liste mit Adressen, die wir nicht handeln.“

Goldgräberstimmung vorbei

Sedo (60 Prozent Marktanteil weltweit) hat 15 Millionen Adressen im Angebot. Auf der Internetseite der Firma kann man Adressen ersteigern, zum Festpreis kaufen oder Gebote abgeben. Die Kölner leben von der Provision. Zehn Prozent für eine erfolgreiche Vermittlung, 15 Prozent, wenn sie Inhabern eine Adresse abluchsen, die sie an ihre Kunden weiterreichen können.

Die Goldgräberstimmung der 90er-Jahre, in denen jeder eine Homepage mit eigenem Namen im Adressfeld haben wollte, die sei zwar vorbei, sagt Körner. Sedo verzeichne aber trotzdem steigende Verkaufszahlen. Weil zahlreiche Top-Level-Domains, so heißen die Endungen der Adressen, hinzugekommen seien.

Der Preis einer Adresse, er bemisst sich auch nach deren Nähe zu anderen Inhalten im Internet. „Mehl.de dürften sie günstiger bekommen als filme.de“, sagt Semra Körner. 1500 Euro, das sei der mittlere Preis für eine Adresse. Manche gehen aber schon für einen zweistelligen Betrag weg.

Neue Domains

Die Denic, die zentrale Verwaltungsstelle für Adressen mit de-Endung, verzeichnet noch immer eine steigende Zahl von Adress-Registrierungen. 2500 bis 3000 seien es, sagt eine Sprecherin – pro Tag. Knapp 15 Millionen Domains mit der Endung .de gibt es, seitdem die Endung am 7. November 1986 gestartet wurde.

Langsam werden die Namen knapp. Deshalb macht die höchste Internetbehörde Icann neue Top-Level-Domains möglich. Bis zum 12. April können sich Firmen für beliebige Endungen bewerben. Energieriese RWE etwa hat sich – logisch – auf die Endung „.rwe“ beworben.

Für Privatpersonen dürfte das Geschäft mit den neuen Endungen allerdings unerschwinglich sein. Allein bei der Bewerbung werden rund 140 000 Euro fällig.