Essen. . Die Kreativwirtschaft soll dem Ruhrgebiet einen Schub geben. Doch es gibt auch Sorgen: Raubkopien und prekäre Jobs.

Natürlich ging es auch ums Geld. Am nüchternsten formulierte es Ulrich Schröder, der Chef der bundeseigenen Bankengruppe KfW. Jährlich rund 140 Milliarden Euro Umsatz, 250 000 Firmen, etwa eine Million Jobs – damit sei die Kreativwirtschaft nach der Autoindustrie und dem Maschinenbau die drittgrößte Branche in Deutschland, sagte Schröder. „Es gibt hochinteressante Geschäftsmodelle.“ Schließlich ist die Palette der Kreativindustrie breit: Sie reicht von Musik, Büchern, Kunst und Filmen über Rundfunk, Presse, Design und Architektur bis zu Werbung oder Computerspielen.

Ein Branchentreffen der besonderen Art fand nun erstmals in Essen auf dem Gelände des Weltkulturerbes Zollverein statt. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft war ebenso mit von der Partie wie SPD-Chef Sigmar Gabriel, Sony-Music-Chef Edgar Berger und Initiativkreis-Ruhr-Moderator Bodo Hombach. Der Kongress trug den Titel „Forum d’Avignon Ruhr“. Dahinter verbirgt sich ein deutsch-französisches Netzwerk, das Führungskräfte aus Wirtschaft, Politik und Kultur an einen Tisch bringen will. Das Forum wurde vor vier Jahren während der französischen EU-Ratspräsidentschaft ins Leben gerufen und kooperiert mit dem Dortmunder Institut ­ECCE (European Centre For Creative Economy), das vom früheren Fernsehmanager Dieter Gorny geführt wird.

Ministerpräsidentin Kraft nutzte die Gelegenheit, die Kultur als Treiber für den Wandel im Revier darzustellen. „Kultur ist nicht die Sahne obendrauf, sondern die Hefe im Teig“, sagte sie. In einem Atemzug nannte Kraft die Themen Industrie, Kultur und Klimaschutz. Sie erinnerte an vergangene Vorhaben wie die Internationale Bauausstellung Emscher Park und die Kulturhauptstadt 2010 und verwies auf aktuelle oder künftige Großprojekte wie den Bottroper Öko-Stadtumbau „Innovation City“ oder die Idee einer „Klima-Expo“ in NRW.

Mit Blick auf den Ausstieg aus der Steinkohleförderung im Jahr 2018 regte Initiativkreis-Moderator Hombach an, eine „Kulturhistorische Kommission“ in NRW zu gründen. Im Saarland, wo die Zechen bereits geschlossen sind, gebe es eine ähnliche Kommission schon. „Es geht nicht um museale Nostalgie, sondern um die Zukunft“, sagte er. „Kohle ist mehr als eine Grubenlampen-Sammlung oder das Steigerlied. Sie wird Geschichte – unsere Kulturgeschichte.“

Auf die Frage, ob das Ruhrgebiet als Kreativstandort mit anderen Regionen wie Hamburg oder Berlin mithalten könne, antwortete Sony-Chef Berger: „Ich habe schon das Gefühl, dass hier der Wandel ganz gut gelingt.“ Es sei klug, das industrielle Erbe zu nutzen, um neue Branchen wie die Kreativindustrie anzusiedeln. Auch SPD-Chef Gabriel sieht in der Kreativwirtschaft „ein enormes Wachstums- und Beschäftigungspotenzial“. Allerdings gebe es auch eine Reihe von Problemen. „Ein Teil der Kreativen leidet unter prekären Lebensverhältnissen“, so Gabriel. „Zweit- und Drittjobs sind keine Ausnahme, sondern vielfach die Regel.“ Hinzu komme das Thema Urheberrecht. Es gebe jedenfalls kein „Grundrecht auf Download“, sagte Gabriel mit Blick auf die weit verbreiteten Raubkopien im Internet.