Hannover/München. Nachdem die Gewerkschaft Verdi am Mittwoch in NRW streikte, traf es heute Bayern, Hessen und Niedersachsen. 30.000 Menschen beteiligten sich an den Ausständen. Besonders traf es Hannover, wo die Besucher der Cebit Einfallsreichtum benötigten, um zum Messegelände zu gelangen.

Mehr als 30.000 Beschäftigte von Bund und Kommunen sind nach Gewerkschaftsangaben am Donnerstag dem Aufruf zu weiteren Warnstreiks im öffentlichen Dienst gefolgt. Schwerpunkte der Proteste in sechs Bundesländern waren laut Verdi Niedersachsen und Bremen mit zusammen rund 15.000 Teilnehmern sowie Bayern mit 12.500 Streikenden. In mehreren Städten, darunter Hannover und Kassel, blieben Busse und Bahnen weitgehend im Depot.

In Hannover, wo derzeit die Hightech-Messe Cebit stattfindet, traten laut Verdi unter anderem die Beschäftigten der Hannoverschen Verkehrsbetriebe (üstra) in den Ausstand. Allerdings war das Messegelände für Cebit-Besucher mit zusätzlichen S-Bahnen und mit 70 eigens eingesetzten Pendelbussen weiterhin erreichbar.

Cebit-Besucher behelfen sich mit Mitfahrgelegenheiten und rotem Punkt

Zudem konnten sich Autofahrer und Messegäste an einer Aktion beteiligen, welche die Messegesellschaft im Vorfeld der Warnstreiks ins Leben gerufen hatte: Wer zum Messeglände fuhr oder aber eine Mitfahrgelegenheit suchte, konnte sich durch einen roten Cebit-Punkt zu erkennen geben, der örtlichen Zeitungen beigelegt worden beziehungsweise von der Messegesellschaft verteilt worden war. Ein Sprecher der Messe nannte die Aktion einen großen Erfolg: Am Donnerstag hätten mehr als 10.000 Menschen die Cebit über die Rote-Punkt-Aktion erreicht.

In Niedersachsen und Bremen streiken laut Verdi zudem Mitarbeiter unter anderem der Müllabfuhr, von Krankenhäusern, Kitas und Sparkassen. Als Schwerpunkte der Proteste im Norddeutschland nannte Verdi neben Hannover und Bremen die Städte Oldenburg, Osnabrück, Hildesheim, Braunschweig und Lüneburg.

Arbeitsniederlegungen in Bayern und Hessen

In Bayern gab es Verdi zufolge Arbeitsniederlegungen unter anderem bei Energieversorgern, Bundeswehr und Gemeindeverwaltungen. Die Warnstreiks erstreckten sich auf eine Vielzahl bayerischer Regionen, darunter Augsburg, Nürnberg, München, Bamberg, Schweinfurt und Würzburg.

An weiteren Protesten in Hessen beteiligten sich laut Verdi mehr als 4000 Beschäftigte. In Kassel blieben nach Angaben eines Verdi-Sprechers alle Busse und Bahnen in den Depots, auch in Gießen und Marburg kam der Nahverkehr demnach zum Erliegen. Auch aus Berlin und Brandenburg wurden Arbeitsniederlegungen gemeldet. So traten in Potsdam nach Gewerkschaftsangaben rund 500 Beschäftigte der Stadtverwaltung in den Ausstand.

SPD-Chef Sigmar Gabriel unterstützt Forderungen der Gewerkschaften

Die Tarifverhandlungen für die rund zwei Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen waren am vergangenen Donnerstag nach einer ersten Verhandlungsrunde ergebnislos vertagt worden. Die beteiligten Gewerkschaften hatten daraufhin eine bundesweite Protestwoche angekündigt. Zu deren Abschluss sind am Freitag weitere Warnstreiks in Niedersachsen und Bremen sowie in Teilen Baden-Württembergs geplant. Die Gewerkschaften wollen in der Tarifrunde 6,5 Prozent, monatlich jedoch mindestens 200 Euro mehr Lohn durchsetzen. Die nächste Verhandlungsrunde soll am Montag in Potsdam beginnen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel unterstützte die Forderungen der Gewerkschaften. Deren Eintreten für kräftige Lohnzuwächse sei "absolut berechtigt, auch im Öffentlichen Dienst", sagte Gabriel der "Mitteldeutschen Zeitung" vom Freitag. Die schlechte finanzielle Ausstattung der Kommunen sei "ja nicht Schuld der Krankenschwestern und Müllmänner". Es handele sich vielmehr um eine Folge der "falschen Politik" der Bundesregierung.