Tilbury. . Im RWE-Biomassekraftwerk Tilbury im Südosten Englands brach Montag ein Feuer im Speicher mit Tausenden Tonnen Pellets aus.

Ausgerechnet das. Seit Montagmorgen brennt das RWE Vorzeigeprojekt in Sachen Biomasse. Das Kraftwerk in Tilbury in der englischen Grafschaft Essex bei London. Der Essener Energieriese hat auf der Insel eine alte CO2-Schleuder, ein altes Kohlekraftwerk, zum modernen Biomasse-Kraftwerk mit 750 Megawatt Leistung umgebaut. Befeuert wird es mit Pellets aus dem ebenfalls erst im Frühsommer 2011 von RWE eingeweihten Holzhackschnitzelwerk in Georgia (USA).

Tilbury war ein höchst ehrgeiziges Etappenziel für die Essener auf dem Weg weg vom Image des dreckigen Kohle- und Atomkonzerns. Für RWE mit seiner nach wie vor miesen CO2-Bilanz eine echte Erfolgsgeschichte. Sieht man vom Transport der Holzpellets per Schiff ab, wird im englischen Kraftwerk heute schließlich ziemlich klimafreundlich Energie erzeugt.

Tilbury ist erst im vergangenen Jahr von einem Kohlekraftwerk in ein reines Biomassekraftwerk umgewandelt worden. Und erst seit Dezember arbeitet die Anlage ausschließlich mit Biomasse. Das alte Kohlekraftwerk hatte zwar eine Nennleistung von 1150 MW, das Biomassekraftwerk „nur“ 750 Megawatt. Dennoch können mit Tilbury rund 1,5 Millionen Haushalte mit Energie versorgt werden, und das eben ziemlich „grün“.

Dass der Kraftwerksstandort für die britische RWE-Tochter npower kein Langfristigprojekt sein würde, war immer klar. 2015 endet die Genehmigung für den Standort. Dennoch ist es von sehr großer Bedeutung, weil auf Basis auch der Erfahrungen von Tilbury bereits die nächsten Biomasse-Projekte in Planung oder sogar in Bau sind.

Der amtierende Finanzchef der RWE-Ökosparte Innogy und designierte Vorstandsvorsitzende, Dr. Hans Bünting, sieht in Biomasse durchaus auch eine gute Antwort auf Atom. Seine Vision: Kohlekraftwerke systematisch zum Verfeuern von Biomasse nutzen wie in Tilbury mit Pellets aus eigener Fertigung made in USA. „Das ist sicherlich auch eine Option für Deutschland. Ich muss nichts Neues bauen und kann bestehende Kraftwerke nutzen“, sagte Bünting noch vor Kurzem.

Außer in Großbritannien werden die Pellets aus Georgia auch bereits im Kohle-Kraftwerk Amercentrale des holländischen Versorgers Essent zugefeuert. Essent gehört seit 2009 ebenfalls zum Essener Konzern.

Brennstofflager laut Feuerwehr einsturzgefährdet

Bemerkt wurde das Feuer Montag früh um 6.45 Uhr mitteleuropäischer Zeit, 7.45 Uhr Ortszeit. Seitdem kämpfen einhundert Feuerwehrleute rund um die Uhr gegen den offenbar schwierig zugänglichen Brand. Menschen wurden bei dem Kraftwerksbrand nach ersten Angaben nicht verletzt.

Ob und wann Tilbury wieder ans Netz gehen könnte, ist noch offen. Das Brennstofflager ist ausgelegt für absolut trockene Pellets. Es sei nicht auszuschließen, dass die Biomasse durch das Löschwasser so sehr an Gewicht zulegt, dass die Behälter unter dieser Belastung zusammenbrechen. „Damit wäre aber nicht das gesamte Kraftwerk zerstört“, versichert eine Sprecherin des Konzerns gestern in Essen. Für RWE dürfte die Brandursache gerade mit Blick auf künftige Projekte von allerhöchstem Interesse sein. „Wir werden die Ursache des Vorfalls und das Ausmaß des Schadens untersuchen, aber Vorrang hat zunächst die Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort.“, erklärte RWE npower gestern.

2 Millionen t Pellets

Tilbury ist mit einer installierten Leistung von rund 750 Megawatt das derzeit weltweit größte Biomassekraftwerk.

Der Rohstoffbedarf an Biomasse (Pellets) läge bei rund zwei Millionen Tonnen während der geplanten Laufzeit bis spätestens 2015. Davon sollten rund 50 Prozent aus dem RWE eigenen Werk in Georgia kommen.