Essen. . Der NRW-Umweltminister Johannes Remmel setzt Versorger im Streit um sicheres Trinkwasser im Land unter Druck: Sie sollen schneller investieren und vor allem Zahlen offenlegen.

Im Streit um Millionen-Investitionen in die Wasserwerke der Ruhr will Johannes Remmel (Grüne) die Versorger zu schnelleren Maßnahmen zwingen. Mit dem Umweltminister sprachen Jürgen Polzin und David Schraven.

Herr Minister, wie sagen Sie es den Bürgern, dass mehr Sicherheit für das Trinkwasser höhere Preise bedeutet?

Remmel: Die erforderlichen Investitionen entlang der Ruhr müssen aus meiner Sicht nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des Wasserpreises führen. Wir wissen, dass bei Aufrüstungen in anderen Wasserwerken in NRW kein oder nur ein geringer Aufschlag folgte. In Aachen erhöhte sich der Preis je Kubikmeter um 11 Cent, in Dinslaken blieb die Erhöhung unter zehn Cent.

An der Ruhr sollen 170 Millionen Euro investiert werden. Wie teuer wird es, wenn Kosten umgelegt werden?

Unsere Einschätzung ist: Der Aufschlag auf den Wasserpreis könnte im einstelligen bis unteren zweistelligen Cent-Bereich liegen.

„Preisbildung muss nachvollziehbar sein“

Was fordern Sie von den Unternehmen?

Die Preisbildung muss nachvollziehbar sein. Die Kalkulation des Wasserpreises basiert zu 20 Prozent auf den Kosten aus der Wasseraufbereitung, eher weniger. 80 Prozent entfallen auf die Leitungsnetze. Das muss in der Gebührenkalkulation offen und transparent dargestellt werden.

Sie verlangen von den Versorgern die Offenlegung ihrer Kalkulation?

Ja, das ist sinnvoll. Die Kalkulation muss für Bürger sowie für Dritte klar nachvollziehbar sein. Das sollte auch im Interesse der Unternehmen liegen.

Wie wollen Sie das prüfen?

Unternehmen können viele Stellschrauben drehen, etwa durch die Erhöhung des Abschreibungszinssatzes oder aber bei der Dauer der Abschreibung. Mir ist wichtig: Der Anteil der Investition muss klar festgeschrieben werden. Er sollte in einem überschaubaren Umfang liegen. Noch einmal: Die Ertüchtigung der Wasserwerke muss nicht zwangsläufig zu Preiserhöhungen führen.

Wie dringend ist sie?

Wir haben es in der Ruhr nicht nur mit Chemikalien wie PFT zu tun, sondern mit einem Cocktail aus Mikrospurenstoffen. Dies haben wir mit unserem Bericht Reine Ruhr ausführlich beleuchtet und untermauert. Auch müssen wir uns mit der möglichen Belastung des Wassers durch Bakterien und Viren beschäftigen. Das bedeutet aber nicht, dass die Grenzwerte im Trinkwasser aus der Ruhr überschritten sind.

Auf dünnem Eis an der mittleren Ruhr

Reicht der Stand der Technik?

Was den technischen Standard in der Wasseraufbereitung angeht, müssen wir feststellen: Wir stehen im Bereich der mittleren Ruhr auf dünnem Eis. An anderer Stelle ist dieses Eis dicker: entlang des Rheins, in Essen und Mülheim, im Hochsauerlandkreis.

Die Versorger sagen: der Preis je Kubikmeter könnte um 15 bis 20 Cent je Kubikmeter steigen. Für eine vierköpfige Familie sind das rund 35 Euro mehr pro Jahr. Ist der Aufschlag zu hoch?

Ich würde ja gerne mit den Unternehmen den Ehrgeiz verabreden, im Bereich von 15 Euro zu bleiben. Aber in der Tat ist klar: Eine dickere Eisdecke, also mehr Sicherheit in den Wasserwerken, bedeutet, dass unser Trinkwasser aus der Ruhr möglicherweise mehr kostet.

Schnelle und umfassende Investitionen

Sie hätten die Nachrüstung längst durchsetzen können. Warum taten Sie es nicht?

Ich habe nichts blockiert. Die Investitionen hätten schon längst durch die Wasserversorger auch ohne Weisung getätigt werden können. Beispiel Essen: Hier werden bis 2013 aktuell 50 Millionen Euro investiert.

Wie geht es weiter?

Mir sind die vorgeschlagenen Fristen zur Umsetzung, die teils erst 2017 enden, zu lang. Investitionen müssen schnell und umfassend erfolgen, sie müssen zudem rechtssicher sein. Auf der Grundlage des Berichtes Reine Ruhr werden wir mit dem zuständigen Regierungspräsidenten und mit den Wasserversorgern reden. Wir haben keine Zeit verloren. Jetzt geht es an die Ertüchtigung.