Essen. . Es dürfte die größte Eigentümer-Verschiebung des Jahres auf dem deutschen Medienmarkt und ein Signal an die Branche sein: Petra Grotkamp, Tochter von Jakob Funke, hat ihre Beteiligung an der WAZ Mediengruppe auf 66,66 Prozent erhöht. Sie erwarb die Anteile der Familie von WAZ-Gründer Erich Brost. WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach legt seine Mandate nieder.
Mit dem Begriff „historisch“ sollte man schon vorsichtig sein. Zuviel wird heute so genannt. Aber, dass nun die WAZ-Gruppe mehrheitlich der Funke-Tochter Petra Grotkamp gehört, dass es keine Beteiligung der Brost-Familie mehr gibt, dass ist, medienpolitisch gesehen, schon historisch. Brost hat die Firma gegründet, später Jakob Funke mit hereingenommen ins Unternehmen. Und es dürfte die größte Eigentümer-Verschiebung auf dem deutschen Medienmarkt in diesem Jahr werden.
Die Übernahme der Anteile ist auch eine Art patriotischer Akt. Eine alteingesessene Essener Familie geht in die Verantwortung. Es ist eine generationen-übergreifende Entscheidung, die Grotkamps Kinder mittragen. Die WAZ-Gruppe soll ein Familienunternehmen auf lange Sicht bleiben.
Die Kaufentscheidung ist zugleich ein Signal in die Medienbranche hinein, die, seltsam genug, ihre eigenen Untergangsfantasien pflegt. Ein Bekenntnis nicht nur zum Unternehmen, auch eines zu den seit Jahren auf Kongressen tot-prophezeiten Zeitungen. Und ein Weiteres: Man stelle sich einen unangenehmen Augenblick lang vor, ein Finanzinvestor hätte übernommen.
Einigkeit soll den Zwist ersetzen
Über die Jahre haben die Gesellschafter untereinander gestritten. Das soll jetzt vorbei sein. Einigkeit soll den Zwist ersetzen – im Interesse des Unternehmens, ausdrücklich im Interesse seiner Beschäftigten. Entsprechend äußerten sich gestern Abend die Beteiligten: Günther und Petra Grotkamp, der Funke-Bevollmächtigte Klaus Schubries, der „ausdrücklich“ begrüßte, „dass es Frau Grotkamp gelungen ist, die bisher von der Brost Holding gehaltenen Anteile zu übernehmen.“
In einer heiklen Rolle steckte Peter Heinemann, Testamentsvollstrecker von Erich Brost. Er habe sich „schweren Herzens entschlossen, dem Verkauf zuzustimmen“. Schweren Herzens, so Heinemann, da der Verkauf der Anteile dem Willen von Erich Brost widerspreche und er als Testamentsvollstrecker dem „Erblasser Loyalität“ schulde. Andererseits hätte er einen Verkauf, den die Erben – die Enkelkinder von Erich Brost – gewünscht hätten, „nur für die Dauer der Testamentsvollstreckung“ bis Juli 2015 aufhalten können. „Das aber hätte für das Unternehmen einen mehr als dreijährigen, kaum vertretbaren Schwebezustand bedeutet“, so Heinemann, Sohn des Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Die Enkel von Erich Brost haben kein Interesse an dem Unternehmen.
Voraussetzung für den Verkauf „waren die Prüfung und Feststellung der Angemessenheit des Kaufpreises“. Der nicht genannte Kaufpreis – die Rede war von 500 Millionen Euro – könne als fair gelten.
Trotz seines Gewissenskonfliktes sieht Heinemann den Kauf der Anteile als vorteilhaft für die Zukunft des Unternehmens: „Das Ende des bisherigen Einigungszwanges zwischen den beiden Gründerfamilien erleichtert die Entscheidungsfindung im Konzern. Für die Zukunft ist dies eine wichtige Voraussetzung, die WAZ Mediengruppe weiter auszubauen.“
Bodo Hombach, von der Brost-Familie eingesetzter Geschäftsführer der WAZ-Gruppe, legt seine Geschäftsführungsmandate nach zehn bewegten Jahren bei der WAZ-Gruppe nieder. In einer mit der Grotkamp-Seite abgestimmten Erklärung heißt es, Hombach könne „auf ein wirtschaftlich und publizistisch erfolgreiches Wirken zurückblicken“. Er habe konzeptionelle Zeichen gesetzt und das Haus nach außen gut vertreten. Auch für sein integratives Wirken hat er Anerkennung und Respekt beider Gesellschaftergruppen.“