Essen. . Der Billigstromanbieter Flexstrom steht wegen nicht bezahlter Kundenboni in der Kritik. Einen Schlichterspruch zu den Bonuszahlungen will Flexstrom nicht anerkennen. Verbraucherschützer warnen: „Das Geschäftsmodell von Flexstrom ähnelt dem von Teldafax“.

Die neue Schlichtungsstelle Energie hat mit ihrer ersten öffentlichen Empfehlung womöglich die Spitze eines Bergs von Beschwerden sichtbar gemacht. Ombudsmann Dieter Wolst hatte den Billigstromanbieter Flexstrom dazu aufgefordert, Kunden auch dann einen Neukundenbonus zu zahlen, wenn diese ihren Vertrag schon nach einem Jahr kündigen.

Die Beschwerde, die zum Schlichterspruch führte, scheint kein Einzelfall zu sein. Die Schlichtungsstelle, die im November ihre Arbeit aufnahm, verzeichnete in den ersten zwei Monaten über 2000 Anträge. „Zum Themenkomplex Bonuszahlungen gibt es weitere Anträge, die wir prüfen werden“, sagt Geschäftsführer Thomas Kunde, ohne Unternehmen zu nennen. Gut denkbar, dass Flexstrom darunter ist. „Wir hatten vergangenes Jahr 2346 Beschwerden über nicht gezahlte Boni bei Flexstrom“, sagt Jürgen Scheurer, Sprecher des Internet-Verbraucherportals Verivox. Flexstrom weist die Darstellung zurück und verweist auf eine einstweilige Verfügung, die Verivox diese Behauptung untersagt. Veri­vox kontert: Die liege ihnen nicht vor, man könne die Zahlen belegen.

Auslöser der Beschwerden: Kunden, die im ersten Vertragsjahr zum Ende des Versorgungsjahres kündigten, verweigerte Flexstrom mit Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einen Neukundenbonus. Nach den alten AGB – Flexstrom hat sie inzwischen umformuliert – wird der Bonus nur gezahlt, wenn der Kunde zwei Jahre bei Flexstrom bleibt. Der Schlichterspruch, im Streitfall ging es um 70 Euro, bezeichnet die alte AGB-Klausel als missverständlich. Doch Flexstrom will die Empfehlung nicht anerkennen und vor Gericht ziehen. Es gibt rund 50 Verfahren wegen nicht gezahlter Boni.

Verbraucherschützer raten von Flexstrom-Angebot ab

Diese Ankündigung lässt einen Streit zwischen Flexstrom und Verivox eskalieren. Das Verbraucherportal teilte mit, dass es die Flexstrom-Angebote nicht mehr standardmäßig in seinen Tarifvergleichen anzeigt, weil sie nicht den eigenen Verbraucherschutz-Richtlinien entsprächen. Flexstrom seinerseits hatte in der Vergangenheit Strafanzeige gegen Verivox wegen Betrugs und Bestechlichkeit erstattet sowie eine Schadenersatzklage angestrengt.

Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg, rät von den Flexstrom-Angeboten ab. Beim Vertragsabschluss stehe das Prinzip der Vorkasse im Vordergrund, in dieser Hinsicht ähnele das Geschäftsmodell dem von Teldafax. „Die Bonuszahlungen werden nur als Köder für die Kunden ausgelegt“, sagt Hörmann. Und: „Es ist keine gute Idee, nur auf den vermeintlich günstigen Preis zu schauen.“

Neben Hörmann sieht Aribert Peters, Geschäftsführer des Bundesverbands der Energieverbraucher, mit dem Schlichterspruch die Kritik an Flexstrom untermauert. Peters hat die Bundesnetzagentur aufgefordert, die „Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ von Flexstrom zu durchleuchten. Das Unternehmen reagierte gelassen auf diese Forderung. Man sei bereits von 2007 bis 2009 überprüft worden und stelle sich einer erneuten Prüfung ohne Bedenken.