Essen. . Carsten Maschmeyer steigt bei Swiss-Life aus. Die Schweizer Lebensversicherung hatte 2008 den AWD gekauft, jenen Finanz- und Versicherungsvertrieb, den Maschmeyer gegründet hatte.

Er gehört zu den schillerndsten und umstrittensten Unternehmern in Deutschland: Carsten Maschmeyer. Nun zieht er einen Schlussstrich unter seine Vergangenheit. Maschmeyer steigt bei Swiss-Life aus. Die Schweizer Lebensversicherung hatte 2008 den AWD gekauft, jenen Finanz- und Versicherungsvertrieb, den Maschmeyer gegründet hatte.

Man hat den Eindruck, als leide der 52-Jährige nicht unter Trennungsschmerz, im Gegenteil. Es scheint, als wolle Maschmeyer endlich die diversen Flecken loswerden, die jener AWD auf seine Weste gesprenkelt hat. Dazu passt Maschmeyers Begründung für seinen Rückzug bei Swiss-Life – der ihm nach Berechnungen der Süddeutschen Zeitung rund 60 Millionen Euro aufs private Konto spült: „Ich möchte mit diesem Entschluss den unberechtigten Angriffen auf meine Person und auf AWD den Boden entziehen.“

Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass die Wiener Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der betrügerischen Falschberatung gegen den AWD ermittelt. Nach Informationen des ARD-Magazins „Panorama“ drohen dem Unternehmen Kunden-Rückforderungen in dreistelliger Millionenhöhe wegen überhöhter Provisionen.

Maschmeyer mag es leid sein, dass mit dem Finger auf ihn gezeigt wird, wenn die Rede auf dubiose Geschäftspraktiken beim Verkauf von Versicherungen kommt. Wie gereizt Maschmeyer inzwischen ist, offenbarten seine pene-tranten Versuche, Anfang des Jahres die Ausstrahlung einer ARD-Reportage mit dem Titel „Der Drückerkönig und die Politik“ mit rechtlichen Mitteln zu verhindern.

AWD-Mitgründer lud zur Sexparty nach Budapest

Allerdings hat Maschmeyer zu früheren Zeiten alles getan, um sich Bezeichnungen wie „Abzocker“ oder „Aussätziger der Drückerkolonnen“ zu erarbeiten. Gerrit Weber vom Düsseldorfer Wirtschafts-Informationsdienst „markt-intern“ bescheinigt dem AWD mit seinem Strukturvertrieb (Infokasten) aggressive Verkaufsmethoden, „das war in den 90er-Jahren eine richtige Kloppertruppe auf der Jagd nach hohen Provisionen“.

Das erinnert an die Vertreter der Hamburg-Mannheimer, die mit einer Sexsause in Budapest in die Schlagzeilen gerieten. Welch interessante Verbindung: Kai Lange, der zur Party nach Ungarn einlud, hatte 1988 mit seinem Schwager Carsten Maschmeyer den AWD gegründet. . .

Was die einen Drückermethoden nennen, sieht Maschmeyer ganz anders: Er habe ein Helfersyndrom, sagte er in einem Interview. In erster Linie hat er sich selbst geholfen. Maschmeyers Vermögen wird irgendwo zwischen 650 Millionen und 1,1 Milliarden Euro geschätzt — und Geld verschafft Einfluss.

So gehört Maschmeyer zu den sogenannten „Frogs“, den Freunden von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. 1998 hatte er Schröder massiv finanziell im Landtagswahlkampf unterstützt. Kein Wunder, dass Schröders Sprecher Bela Anda nach dem Regierungswechsel zum AWD wechselte. Das Hannoveraner Netzwerk funktioniert parteiübergreifend. 2009 verbrachte Bundespräsident Christian Wulff seinen Urlaub in Maschmeyers Villa auf Mallorca. Dass Maschmeyer eine anziehende Wirkung entfalten kann, zeigt sich an der Tatsache, dass er seit 2009 die Schauspielerin Veronica Ferres an seiner Seite hat und neben den Finanzseiten auch die Boulevardblättchen bevölkert.

Gemeinsame Firma mit dem Ex-Wirtschaftsweisen Bert Rürup

Deutlich weniger von sich reden macht die Maschmeyer-Rürup AG, die er 2010 mit dem ehemaligen Wirtschaftsweisen Bert Rürup gründete. Strategie: Beratung von Entscheidungsträgern bei der Altersvorsorge. Auch Ex-Arbeitsminister Walter Riester ist mit von der Partie. Die nach ihm benannte Rentenversicherung bescherte nach dessen Einführung Versicherungen ein tolles Geschäft – von dem sich der AWD seinen Teil geholt haben dürfte. Den hat Maschmeyer nun hinter sich gelassen.

Der fehlende Trennungsschmerz könnte übrigens auf Gegenseitigkeit beruhen. Markt-intern berichtete kürzlich, dass Maschmeyer Hausverbot bei AWD habe.