Brüssel. . Die europäische Schuldenkrise spitzt sich immer mehr zu. Doch die verzweifelte Suche der Europäer nach einem Ausweg aus der Misere ist bislang erfolglos. Bundesfinanzminister Schäuble versichert dennoch nach dem Treffen mit den EU-Finanzministern: „Wir haben eine Reihe von Problemen gelöst.“

Selbst Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker vergeht angesichts des Schuldenaufruhrs das Scherzen. „Eieiei, ich bin wirklich fertig“, seufzte er nach dem Treffen der 17 Finanzminister der Euro-Staaten in Brüssel und der anschließenden Pressekonferenz in der Nacht zum Mittwoch. Die trübe Stimmung ist dem eigentlich stets gut gelaunten Juncker nicht zu verdenken. Die europäische Staatsschuldenkrise spitzt sich immer mehr zu. Die verzweifelte Suche der Europäer nach einem Ausweg aus der Misere ist bisher erfolglos.

„Das Risiko, dass die Eurozone nicht überlebt ist da“, sagte der Chef des Deutschen Bankenverbands, Michael Kemmer, am Mittwoch in Brüssel. Bis vor kurzem wäre diese Aussage ein unerhörter Tabubruch gewesen. Mittlerweile ist sie salonfähig. Selbst für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist ein Auseinanderbrechen der Euro-Währungsunion kein Tabu mehr. Große Konzerne bereiten sich darauf laut der Wirtschaftszeitung „Financial Times“ bereits vor.

Schäuble gibt sich zuversichtlich

Wer jedoch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Mittwoch zuhörte, der sich wieder einmal gut gelaunt und zuversichtlich gab, konnte denken, dass die Lage doch nicht ganz so schlimm ist. „Wir haben eine Reihe von Problemen gelöst“, sagte Schäuble nach dem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen. „Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir Schritt für Schritt Lösungen finden werden.“ Bis zum Treffen von Europas Staats- und Regierungschefs Ende nächster Woche in Brüssel soll es so weit sein.

Nichts sagen wollte Schäuble jedoch zur kurz zuvor erfolgten Ankündigung der Europäischen Zentralbank, mit anderen großen Notenbank weltweit mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Damit sollen Europas Banken flüssig bleiben. Die Geldinstitute leiden unter den Folgen der Schuldenkrise, die mittlerweile auch die Wirtschaft nicht nur in Europa ausbremst.

Keine „Wunderwaffe“ gegen die Krise

EU-Währungskommissar Olli Rehn räumt offen ein, wie verfahren die Lage in Europa ist. Es gebe keine einzelne „Wunderwaffe“ gegen die Krise, sagt der Finne nüchtern. Sein größtes Sorgenland ist derzeit Italien. Die drittgrößte Volkswirtschaft des Euro-Raums müsse noch mehr sparen als bisher gedacht, forderte Rehn. Bräuchte auch noch dieser Schuldenstaat Notkredite, wäre der 440 Milliarden Euro schwere Euro-Rettungsfonds überfordert.

Daher mühen sich die Europäer, ihn mit der Hilfe von Geldgebern aus China oder Russland zu erweitern. Allerdings muss der Chef des Euro-Rettungsfonds, Klaus Regling, mittlerweile offen eingestehen, dass er doch nicht so viel Geld bei Investoren aus dem Ausland einsammeln kann, wie erhofft. Die noch im Oktober angepeilte mögliche Gesamtsumme von einer Billion Euro mochte Regling in Brüssel nun nicht mehr hinaufbeschwören.

Geldgeber trauen Euro-Staaten immer weniger zu

Um die „Schutzmauer“ um den Euroraum zu erhöhen, suchen die Europäer fieberhaft nach weiteren Möglichkeiten. Wieder auf dem Tisch liegt die Option, dass die europäischen Staaten dem Internationalen Währungsfonds IWF mehr Geld zuschießen, damit dieser schlagkräftiger würde. Der IWF stemmt bereits einen Teil der Notkredite, die an die verschuldeten Euro-Staaten Griechenland, Portugal und Irland fließen.

Zugleich trauen potenzielle Geldverleiher wie Banken und Investmentfonds den Euro-Staaten immer weniger zu, den ihre Schuldenprobleme in den Griff zu kriegen. Daher borgen Investoren zum Beispiel Italien – der drittgrößten Volkswirtschaft des Euroraums - nur noch zu Rekordzinsen Geld.

Die Angst an den Finanzmärkten steigt, dass Geldgeber nicht nur bei Griechenland einen Schuldenerlass in Kauf nehmen müssen, sondern auch bei anderen kriselnden Euro-Staaten. Zwar betonen Eurogruppen-Chef Juncker oder Bundesfinanzminister Schäuble, Griechenland sei ein Einzelfall. Doch schriftlich will sich kein Politiker darauf festnageln lassen, dass alle anderen Euro-Staaten ihre bestehenden Schulden zurückzahlen.