Essen. Sie zapfen Lkw an oder tanken für lau. Wegen der hohen Spritpreise nimmt der Spritdiebstahl zu. Die Schäden gehen bundesweit in die Millionen.
Er schlummerte friedlich und ahnte nichts Böses. Doch als der Lkw-Fahrer am Morgen auf einem Rastplatz an der A1 bei Münster aufwachte und weiterfahren wollte, fehlten 600 Liter Diesel im Tank. Dreiste Diebe hatten während der Nacht seinen Lkw angezapft. Eine ähnliche Erfahrung musste auch ein Lkw-Fahrer Anfang Juni in Hagen machen. Er parkte am Abend seinen Truck in der Nähe seiner Wohnung. Doch als er in der Nacht wieder aufbrechen wollte, hatten Unbekannte den Tank aufgebrochen und 800 Liter Diesel geklaut. Die Täter müssen dafür mit mehreren Kanistern angerückt sein, stellte später die Polizei fest.
Polizei bestätigt Trend
Nur zwei Fälle von vielen in letzter Zeit. Der Benzinklau geht um. Auch in NRW. Die steigenden Benzin- und Dieselpreise rufen immer mehr Diebe auf den Plan. Bei vielen Polizeidienststellen im Land mehren sich seit Monaten die Anzeigen. Wie bei der Polizei Duisburg: „Wir haben im Vergleich zum Vorjahr einen deutlichen Anstieg“, sagt der Sprecher des Polizeipräsidiums, Achim Blättermann. Pro Monat flattern der Duisburger Polizei 30 bis 45 Anzeigen auf den Tisch. Vor einem Jahr gab es noch viel weniger Fälle. Auch in der Stadt Essen geht vermehrt der Spritklau um, wie Polizeisprecher Lars Lindemann bestätigt. Die Polizei in Gelsenkirchen spricht zumindest davon, dass sich die Zahl der Fälle „leicht erhöht“ hat.
Tanken für lau: Der Bundesverband Tankstellen und gewerbliche Autowäsche bestätigt den Trend. „Wir beobachten einen Anstieg“, sagt die Verbandsvorsitzende Sigrid Pook. Immer wenn die Preise hoch sind, könne man dieses Phänomen beobachten. Pook vermutet, dass die Täter ihren „Frust über die hohen Preise abreagieren“. Die Spritdiebe richten jedes Jahr einen immensen Schaden an: „Der geht in die Millionen“, so Pook.
Dreiste Diebe
Die Benzindiebe an den Tankstellen gehen dabei oft dreist vor, wie ein Spritdieb in Schalke. Der hatte im April an einer Tankstelle für 241 Euro getankt und war, natürlich ohne zu bezahlen, davon gebraust. Zwar filmten die Überwachungskameras den Täter mit Auto, doch das Kennzeichen war geklaut. Mit der gleichen Masche trieb ein Benzindieb viele Monate im Ruhrgebiet sein Unwesen, bis er der Polizei vergangene Woche ins Netz ging. Dem Täter konnten über 20 Tankbetrügereien in Gelsenkirchen, Essen, Oberhausen, Recklinghausen, Herne, Marl und Gladbeck nachgewiesen werden. Schaden: 5500 Euro. Beim Dieselklau aus Lkw fällt es der Polizei dagegen oft schwerer, den Täter zu erwischen, wie Andreas Weber von der Polizei Recklinghausen einräumt. Denn der Diebstahl wird oft erst Stunden später bemerkt, wenn die Täter längst über alle Berge sind.
Klaut ein Autofahrer beim Tanken Benzin, bleibt so mancher Tankwart auf dem Schaden sitzen. Pook: „Besitzer freier Tankstellen müssen den Schaden voll tragen.“ Gehören sie einer Kette an, können sie mit einer Erstattung rechnen, vorausgesetzt sie geben eine Anzeige auf und können das Nummernschild des Täters liefern, so Pook. Der wirksamste Schutz sind aus ihrer Sicht immer noch Kameras.
Benzinpreise klettern weiter
Der Spritklau dürfte Polizei, Tankstellenpächter und Speditionen noch weiter in Atem halten. Denn die Preise an den Tankstellen klettern weiter und machen den Diebstahl damit immer lukrativer: Heute, am Mittwoch, einen Tag vor Ferienbeginn, stiegen die Preise beispielsweise in Essen bis auf 1,59 Euro für den Liter Super. Die 1,60 Euro, die Experten für die Reisezeit prognostiziert hatten, sind fast erreicht.