Danzig.. Der Essener Baukonzern Hochtief sticht in See. Zurzeit lässt er in der Danziger Cristwerft ein Spezialschiff für die Installation von Windparks auf hoher See bauen. Die „Innovation“ ist auch ein Symbol für die Energiewende, die Hochtief innerhalb des Konzerns eingeleitet hat.
Es scheint ein Bild des Chaos zu sein. Meter über Meter winden sich alle Arten von Kabeln durch die Szenerie, überall liegt Werkzeug, das Zischen von Schweißarbeiten ist ständiger hörbarer Begleiter, ebenso wie der stählerne Widerhall der eigenen Schritte. Ordnung kommt erst ins vermeintliche Chaos, wenn man Hunderte Treppenstufen empor steigt und ins Freie tritt. Dann öffnet sich der Blick auf die Danziger Cristwerft – und auf die Umrisse eines Schiffs.
Der Essener Baukonzern Hochtief und die belgische Deme-Gruppe lassen zurzeit in Danzig das weltweit leistungsfähigste Kran-Hubschiff bauen. Verwendungszweck der „Innovation“: die Installation von Windkraftanlagen auf hoher See. Das 147 Meter lange Ungetüm transportiert die Windmühlen an ihren Bestimmungsort und übernimmt dort auch die Installation. Mit ihrer Vier-Stelzen-Konstruktion, die einzige ihrer Art, ist die „Innovation“ nach Angaben der Bauherren eine Rundum-Lösung. „Das macht die Offshore-Installation flexibler, sicherer und wirtschaftlicher“, sagt Martin Rathge, bei Hochtief-Solutions verantwortlich für Hochseeprojekte.
200 Millionen Investition
Rund 200 Millionen Euro investieren Hochtief und die Deme-Gruppe in das Schiff, das Mitte 2012 erstmals in See stechen soll. Die „Innovation“ steht symbolisch für die Energiewende, die Hochtief im eigenen Konzern eingeleitet hat. Allein in Deutschland sind etwa 40 Hochsee-Windparks in Nord- und Ostsee geplant. Vom geschätzten Gesamtinvestitionsvolumen von rund 75 Milliarden Euro entfallen allein bis zu 30 Milliarden Euro auf den Bau. Von diesem doch recht großen Kuchen will Hochtief ein gutes Stück für sich. Ab spätestens 2014 soll der Wind pro Jahr rund 500 Millionen Euro in die Auftragsbücher von Hochtief wehen.
„Die Installation der Windparks bildet zurzeit den Engpass beim Ausbau“, erläutert Ullrich Reinke, Leiter Energie und Infrastruktur bei Hochtief-Solutions. Siehe „Innovation“: Noch liegt das Schiff auf dem Trockendock, doch „für die kommenden fünf Jahre ist die Innovation vollständig ausgebucht“, so Reinke. Kein Wunder, dass längst ein Schwesterschiff geplant wird. Mit dem belgischen Partner könnte eine Flotte von insgesamt vier Schiffen entstehen. Laut Reinke sei es aber auch denkbar, dass zwei weitere ausschließlich unter Hochtief-Flagge fahren – auch vor den anderen europäischen Küsten entsteht ein Windpark nach dem anderen.
Hochtief plant auch den Betrieb der Windkraftanlagen
Doch Reinkes Pläne gehen weiter. Hochtief will nicht nur den Bau von Windparks anbieten, sondern bereits die Planungen und nach Inbetriebnahme auch den technischen und kaufmännischen Betrieb. Hintergrund: Viele Stadtwerke interessieren sich für den Bau von Windparks, auch in NRW gebe es Interesse.
Wie sehr Hochtief umsteuert, offenbart zudem die Tatsache, dass Fachkräfte aus dem konventionellen Kraftwerksbau abgezogen werden, um „Wind“ zu machen.
Auch vom Ausbau des Stromnetzes will Reinke profitieren, „wir haben große Erfahrung beim Tunnelbau“. Daneben richtet sich der Blick auf den Bau von Pumpspeicherkraftwerken. Die Idee, Strom unter Tage in alten Kohleschächten zu speichern, steckt noch im Forschungsstadium, aktuell entwickelt Hochtief allerdings Ideen, an welchen Stellen Pumpspeicher gebaut werden können – die auf die Akzeptanz der Bürger treffen.