München/Frankfurt. . Der Kirchprozess steht auf der Kippe. Nachdem die Staatsanwaltschaft vergangene Woche Vorstandsbüros bei der Deutschen Bank durchsuchte, stellte die Bank Befangenheitsanträge gegen das Gericht. Die Ermittler werfen Deutsche-Bank-Chef Ackermann Falschaussage vor.

Die Deutsche Bank ist im Zusammenhang mit Aussagen von Vorstandschef Josef Ackermann im Kirch-Prozess durchsucht worden. Ein Sprecher der Bank sagte am Montag, in der vergangenen Woche habe die Staatsanwaltschaft München von Dienstag bis Freitag Vorstandsbüros und die Rechtsabteilung durchsucht. Die Aktion sei noch nicht abgeschlossen. Ackermann droht ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage im Kirch-Prozess. Auch gegen Aufsichtsratschef Clemens Börsig, den Ex-Vorstandsvorsitzenden Rolf Breuer und den früheren Personalchef Tessen von Heydebreck werde ermittelt.

„Die Deutsche Bank und die Betroffenen halten die Beschuldigungen für haltlos und das Vorgehen der Staatsanwaltschaft für unverhältnismäßig“, sagte der Sprecher weiter.

Die Bank stellte einen Befangenheitsantrag gegen die Richter des Oberlandesgerichtes München wegen Parteilichkeit. Der milliardenschwere Schadenersatzprozess steht damit auf der Kippe. Wie die Deutsche-Bank-Anwälte Manfred Wolf und Peter Heckel sagten, habe das Gericht heimlich Schriftstücke den Akten entnommen und sich mit der Staatsanwaltschaft über einen Antrag der Bank abgestimmt. Dem eigentlich als Zeugen vorgesehenen Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) habe der Senatsvorsitzende Guido Kotschy nahegelegt, nicht auszusagen. Der Senat führe die Beweisaufnahme nicht mehr unparteilich durch, sagte Wolf.

Verlegerin Friede Springer reist umsonst zum Prozess

Über den Befangenheitsantrag müssen drei andere Richter des Oberlandesgerichts in den nächsten Wochen entscheiden. Der Senatsvorsitzende Kotschy hob die im November und Dezember geplanten Verhandlungstermine auf und schickte die als Zeugin geladene Verlegerin Friede Springer unverrichteter Dinge weg: „Wir werden Sie heute nicht vernehmen. Es tut uns furchtbar leid“, sagte er.

Die Verlegerin war mit ihrem Anwalt nach München gekommen, um auszusagen, ob es vor der Insolvenz der KirchMedia 2002 Gespräche mit anderen Verlegern oder mit der Deutschen Bank über die 40-Prozent-Beteiligung Kirchs am Springer-Verlag gegeben habe. Der im Sommer verstorbene Kirch hatte Breuer und der Deutschen Bank die Schuld an seiner Pleite gegeben und sie auf rund drei Milliarden Euro Schadenersatz verklagt.

Ackermann bestritt Vorwürfe

Ob die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Ackermann und die drei anderen Banker eröffnet hat, blieb zunächst offen. Die zuständige Staatsanwältin und die Pressesprecherin der Behörde waren am Montagvormittag zunächst nicht erreichbar. Die Anwälte der Bank sagten, sie hätten noch keine Akteneinsicht.

Breuer ist bereits wegen versuchten Prozessbetrugs durch Falschaussage im Jahr 2003 angeklagt - sein Prozess beginnt am 24. November vor einer Strafkammer des Landgerichts. Ackermann und die drei anderen Banker hatten als Zeugen im Schadenersatzprozess vor dem Zivilsenat bestritten, dass die Bank Kirch in die Enge getrieben hätte, um so ein lukratives Sanierungsmandat zu erhalten. Der Senat hatte Zweifel geäußert. Bank-Anwalt Heckel sagte, dass der Senat deshalb aber heimlich die Staatsanwaltschaft einschalte, sei ein bemerkenswerter Vorgang. (rtr/dapd)