Köln. . Im größten deutschen Insolvenzverfahren gibt es kaum Hoffnung für die etwa 750 000 ehemaligen Kunden.

Als alles vorbei ist, wird Daniela Brehm noch einmal emotional. „Ich bin wütend und enttäuscht“, sagt die 27-Jährige, die gut 300 Kilometer von Niedersachsen nach Köln gereist ist, um bei der ersten Gläubigerversammlung des insolventen Billigstrom-Anbieters Teldafax dabei zu sein. Daniela Brehm ist eine von etwa 750 000 Kunden der Pleitefirma aus Troisdorf. Auch sie hat Teldafax mehrere hundert Euro überwiesen – und kann nun kaum noch Hoffnung haben, viel von dem Geld wiederzusehen.

Der Fall Teldafax ist – gemessen an der Gläubigerzahl – das größte Insolvenzverfahren der deutschen Geschichte. Insolvenzverwalter Biner Bähr geht davon aus, dass die Aufarbeitung der Vorgänge noch Jahre dauern dürfte. Das Verfahren werde voraussichtlich erst im Jahr 2017 abgeschlossen. Derzeit arbeite sein Team „mit Hochdruck“ daran, rund 750 000 Verbrauchsabrechnungen für die früheren Teldafax-Kunden zu erstellen, erklärt Bähr, der auch den Pleitefall Hertie betreut hat.

Nur gut 100 Gläubiger sind am Dienstag ins „Staatenhaus“ in der Nähe der Kölner Messe gekommen. Eigentlich hätte der Saal 10 000 Menschen Platz geboten. So herrscht gähnende Leere in dem mit Neonröhren beleuchteten Zweckbau. Die trostlose Veranstaltung spiegelt den Niedergang des einst größten unabhängigen deutschen Energieversorgers wider, der Mitte Juni Insolvenz anmelden und die Belieferung der Kunden einstellen musste.

„Es war ein großes Chaos“

Das Management habe viel zu spät die Schieflage öffentlich gemacht, kritisiert Bähr. „Die Kunden wurden gemolken“, sagt er. Seiner Einschätzung zufolge war Teldafax wohl schon seit Mitte 2009 zahlungsunfähig. Der Schuldenberg der Pleitefirma könne durchaus eine halbe Milliarde Euro betragen. Dem stehe bislang nur ein Vermögen von knapp sieben Millionen Euro gegenüber. „Es war ein großes Chaos, was ich da vorfand“, sagt Bähr.

Der Billigstrom-Anbieter hatte auf das Prinzip Vorkasse gesetzt: Die Verbraucher wurden mit vergleichsweise günstigen Preisen gelockt, mussten aber im Voraus zahlen. Um neue Kunden zu gewinnen, hatte Teldafax offenbar auch Verluste in Kauf genommen. Die Firma habe ihren Kunden Tarife angeboten, „die vielfach deutlich unter den Einkaufspreisen lagen“, so Bähr. Verluste seien zunächst durch die Vorauszahlungen gedeckt worden. Als die Probleme im Herbst 2010 öffentlich wurden, „kollabierte das System“.

Bähr ließ offen, ob die Gläubiger mit einer nennenswerten Rückzahlung rechnen dürfen. Doch selbst im besten Fall werden die einstigen Kunden nur einen Bruchteil ihres Geldes wiedersehen. Zusätzliches Geld könnte etwa durch Schadenersatzklagen gegen Teldafax-Manager in die Kassen fließen. Möglicherweise kann Bähr auch Geld von der Steuerkasse zurückfordern. Denn Teldafax war noch knapp ein Jahr vor der Pleite mit Sonderangeboten auf Kundenfang gegangen, um mit den Vorauszahlungen Steuerschulden in Millionenhöhe zu bezahlen. Der Fiskus kassierte das Geld, obwohl ihm die kritische Lage des Unternehmens womöglich bekannt war.

Ernüchterung im Saal

Bei vielen ehemaligen Kunden macht sich jedenfalls Ernüchterung breit. Auch dem Insolvenzverwalter schlägt Skepsis entgegen. „Sechs Jahre Verfahrensdauer – da soll wohl der eine oder andere von leben“, sagt ein Mann, der sich in Köln an das Veranstaltungsmikrofon wagt. Mancher im Saal hätte gerne einen eigenen Vertreter der Kleinkunden im Gläubigerausschuss gesehen, dem wichtigsten Gremium des Insolvenzverfahrens. Doch daraus wird nichts. „Das ist ein Schlag ins Gesicht der 750 000 Kunden“, schimpft daher Hans-Anton Meurers, der ebenfalls zu den Betroffenen der Pleite zählt.

Ein älterer Herr im Publikum sieht die Sache nüchterner. „Ich hatte es geahnt, dass etwas nicht stimmt“, sagt er rückblickend zu dem allzu verlockenden Billigtarif von Teldafax. Selbstkritisch fügt er hinzu: „Wenn’s ums Geld geht, verliert man sämtliches Misstrauen.“