Berlin. . Die Modelle der Parteien zur Finanzierung der Pflegereform liegen weit auseinander. Und eine Einigung ist nicht in Sicht. Dabei drängt die Zeit: Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt weiter stark an.

Als Philipp Rösler (FDP) noch Gesundheitsminister war, tönte er vollmundig, dass 2011 zum „Jahr der Pflege“ wird. Nun muss sein Nachfolger Daniel Bahr auf der Reformbaustelle Pflegeversicherung schuften und kommt nicht richtig zu Potte. Denn die Koalition streitet – wie schon zur Gesundheitsreform – mächtig über die Finanzierung.

Pflegeratspräsident Andreas Westerfellhaus befürchtet bereits, dass sich in dieser Legislaturperiode nichts mehr tut. Für den Finanzzwist hat er überhaupt kein Verständnis: „Das ist ein parteipolitisches Ränkespiel, das auf dem Rücken der Pflegebedürftigen, deren Angehörigen und der Beschäftigten ausgetragen wird“, sagte Westerfellhaus dieser Zeitung.

Denn die Zeit drängt: Zum einen brauchen die gut 1,2 Millionen Demenzkranken eine bessere Versorgung, was Milliarden kosten dürfte. Zum anderen dürfte die Anzahl aller Pflegefälle von derzeit 2,4 auf 3,4 Millionen im Jahr 2030 steigen. Hier muss ein Kapitalstock angespart werden. Dazu gehen die Pläne der Parteien, wie nun skizziert, meilenweit auseinander.

Kapitalreserve bilden

FDP: Die Liberalen wollen unter anderem die Pflege von Demenzkranken verbessern. Sie streben eine private Pflegezusatzversicherung an, die hoch umstritten ist. Was die Vorstellungen der FDP alles kosten, ist noch offen.

CDU: Hier gibt es verschiedene Ideen: Nach dem Modell von Gesundheitspolitiker Jens Spahn kostet die Reform zwei Milliarden Euro: für die bessere Pflege von Demenzkranken, für Pflegegeld und die Kurzzeitpflege. Der Beitragssatz stiege um 0,2 Prozent. Spahns Alternative: Die Krankenkassen zahlen künftig die medizinische Pflege in Heimen – etwa Verbandswechsel. Dann beliefe sich der Anstieg auf 0,05 Prozentpunkte.

Zudem fordert Spahn, dass jeder Versicherte fünf Euro im Monat zusätzlich für den Aufbau einer Kapitalreserve zahlen soll. Macht drei Milliarden Euro im Jahr. Andere Teile der Union wollen auch die Arbeitgeber am Aufbau der Kapitalrücklage beteiligen. Als Anhänger gilt Fraktionschef Volker Kauder.

Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) will dagegen das Geld, das durch Absenkung der Rentenbeiträge frei würde, in die Pflege stecken. Bei 0,3 Prozentpunkten wären dies drei Milliarden Euro zusätzlich.

Die SPD will die Bürgerversicherung

CSU: Die hält von Spahns Prämienmodell ähnlich wenig wie von der privaten Pflegevorsorge der FDP. Als Gegenentwurf hat sie ein „Bundesleistungsgesetz“ vorgeschlagen. So wollen die Christsozialen Leistungen für Behinderte, schwere Pflegefälle und Demenzkranke aus Steuermitteln finanzieren. Zudem sollen die Pflegekassen Sozialabgaben tragen.

SPD: Die Sozialdemokraten wollen die Bürgerversicherung in der Pflege, in die alle gemäß ihres Einkommens einzahlen. Die Fachpolitiker der Partei rechnen mit sechs Milliarden Euro an Zusatzkosten für die Pflege in 2020. Ihnen schwebt ein Modell vor, bei dem der Arbeitnehmer dann 0,1 Prozentpunkte seines Lohns zusätzlich bezahlen muss. Bei einem Bruttogehalt von 2500 Euro wären dies nach dieser Zeitung vorliegenden SPD-Berechnungen 31,25 statt bislang 28,75 Euro. Bei 3750 Euro brutto wären es 46,88 anstatt 43,13 Euro. Zwei Milliarden bringen die höheren Beiträge ein. Eine Milliarde gibt es durch eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze. Drei weitere Milliarden kommen durch die Einführung von einkommensabhängigen Beiträgen in der privaten Pflegeversicherung zusammen, die einen Ausgleich an die soziale Pflegeversicherung zahlt. Ob das Modell so kommt, ist aber offen.

Grüne: Die Ökopartei plant eine Bürgerversicherung in der Pflege. Zu den Kosten soll es im Oktober Eckpunkte geben.