Berlin. . Das Bundesverfassungsgericht urteilt heute über die Rettungspolitik. Fünf Wirtschaftsexperten klagen gegen deutsche Finanzhilfen für Griechenland. Die Meinung der Kläger und Argumente dagegen.

Der 82-jährige Wirtschaftsprofessor mit dem grauen Schnäuzer will sich Gehör verschaffen. Um seine Kritik am Euro auf den Punkt zu bringen, bezeichnet Wilhelm Hankel Europa als „Sowjetunion light“. Und Finanzminister Wolfgang Schäuble tituliert der Professor als „lupenreinen Demokraten“ – in Anspielung auf eine umstrittene Äußerung von Ex-Kanzler Schröder über Russlands Ministerpräsident Putin.

Mit vier weiteren Klägern stellte Hankel in Berlin das Buch „Die Rechtswidrigkeit der Euro-Rettungspolitik – ein Staatsstreich der politischen Klasse“ vor. Die Pressekonferenz diente zur Untermalung des Urteils, mit dem das Bundesverfassungsgericht am heutigen Mittwoch über die Rechtmäßigkeit der deutschen Finanzhilfen für Griechenland entscheidet.

Die Klage haben Hankel und seine Kollegen gegen das erste Kreditpaket eingereicht, mit dem die EU den Staatsbankrott Griechenlands verhindern und den Euro stabilisieren wollte. Die politische Stoßrichtung der Kläger geht dahin, dass wirtschaftlich starke Staaten wie Deutschland arme Euro-Mitglieder nicht mit großen Summen unterstützen sollen. Hankel plädiert dafür, die Euro-Zone auf wenige, ökonomisch stabile Länder zu schrumpfen oder gleich ganz zur D-Mark zurückzukehren. Drei Hauptargumente führen die Kritiker ins Feld.

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  • Demokratiedefizit

Hankels Kollege, der emeritierte Juraprofessor Albrecht Schachtschneider, belegte die Eurorettung mit Begriffen wie „Diktatur“ und „Entparlamentarisierung“. Die Kritiker behaupten, der Bundestag werde zunehmend entmachtet. Hilfen in Höhe von vielen hundert Milliarden Euro würden ohne ausreichende Mitwirkung der Volksvertreter von den Regierungen in Berlin und Brüssel beschlossen.

Gegenargument: Der Bundestag hat den bisherigen Hilfen zugestimmt und muss dies auch künftig tun. Bei der Ausweitung des europäischen Stabilitätsfonds wird das Parlament wohl erweiterte Mitwirkungsrechte durchsetzen.

  • Inflationsgefahr

Die Kläger sagen, durch die Hilfskredite spülten die Regierungen zu viele Euro auf die Märkte, wodurch die Inflation anziehe. Damit stiegen die Preise, und die Kaufkraft der Deutschen sinke. Hankel und seine Mitstreiter sehen deshalb einen unerlaubten Eingriff des Staates in das Eigentumsrecht der Bürger.

Gegenargument: Bislang steigt die Inflation nur leicht an. Die Europäische Zentralbank lässt keinen Zweifel daran, dass sie den Geldwert auch künftig stabil halten will, indem sie die Zinsen erhöht.

  • Überschuldung

Griechenland kann seine Schulden nach Ansicht der Kläger mit der bisherigen Therapie nicht reduzieren. Deshalb, so Hankel, solle Athen aus dem Euro aussteigen, zur alten Währung Drachme zurückkehren und diese abwerten. Dadurch werde die Wirtschaftsleistung wieder wachsen und die Verschuldung langsam auf ein erträgliches Maß reduziert.

Gegenargument: Der Ausstieg Griechenlands könnte den Euro insgesamt in Gefahr bringen. Die Kritiker haben aber Recht mit ihrem Hinweis, dass Athen in der Falle sitzt. Die Sparmaßnahmen der Rettungspakete strangulieren das Wachstum anstatt es zu befördern. Eigentlich braucht Griechenland eine Umschuldung: Einen Teil der Schulden müsste man dem Land erlassen.