. . Die Meldungen über unmenschliche Arbeitsbedingungen in den Fabriken der Textilzulieferer in Fernost reißen nicht ab. Aller fairen Siegel zum Trotz bekommen die Modehersteller die Probleme offenbar nicht in den Griff.

Die Preise in den Filialen der großen Modeketten und in den kleinen Jeansläden sind verlockend. Ein knalliges T-Shirt für 7,90 Euro, dazu passt eine ausgewaschene Jeans. Sieht toll aus, so schön verblichen. Umweltverbände nennen sie „Killerjeans“. Damit sie wie tausendmal getragen aussehen, strahlen asiatische Arbeiterinnen stundenlang Sand unter hohem Druck auf den Stoff. Viele erkrankten dadurch an der im Ruhrgebiet bestens bekannten Staublunge, kritisiert die Kampagne für Saubere Kleidung (CCC).

Ihre ständigen Probleme mit den Zulieferern in Fernost werden die Textilriesen nicht los. Aller fairen Siegel zum Trotz laufen immer wieder Meldungen von reihenweise umgekippten Arbeiterinnen über die Nachrichtenkanäle der westlichen Welt. Die Shirts und Hosen, die in Europas Läden liegen, stammen zu zwei Dritteln aus Asien, an der Spitze China, Hongkong, Bangladesch, Indien und Indonesien.

Die Kampagne für Saubere Kleidung, ein internationales Netzwerk, kämpft für eine Verbesserung der „katastrophalen Arbeitsbedingungen“ in vielen Zulieferbetrieben. Gegen die Sandstrahler etwa hat sie eine Internetkampagne gestartet, auf die viele Hersteller wie H&M oder Levi Strauss mit einem Verbot dieser Technik reagiert haben. Doch es tauchen immer neue, immer andere Probleme auf.

„Wir fordern die Unternehmen auf, offenzulegen, mit welchen Zulieferern sie arbeiten“, sagt Kirsten Clodius vom Verein Romero, der Teil des CCC-Netzwerks ist. Auch sollten sie sich sogenannten Multi-Stakeholder-Initiativen anschließen. Dabei handelt es sich um Runde Tische, an denen auch Arbeiter und Gewerkschaften sitzen.

Die Kontrollbedarf scheint groß, immer wieder tauchen Meldungen über unhaltbare Zustände erst dann auf, wenn Krankenhäuser erklären müssen, warum sie dutzende Arbeiterinnen behandeln müssen. So wie am Donnerstag, als in Kambodscha 300 Beschäftigte eines H&M-Zulieferers zusammenbrachen.

Zur Hitze und mangelnden Belüftung in den Firmen komme häufig noch Arbeitsüberlastung hinzu. Eine Studie des Instituts „Alternative Movement for Resources and Freedom Society“ ergab, dass Näherinnen in Bangladesch unbezahlte Über­­stunden leisten müssen, teilweise arbeiten sie sieben Tage pro Woche.

Julia Timm von „Inkota“, einem weiteren CCC-Mitglied, sagt: „Die Unternehmen sind sich bewusst, dass Kunden heute weitaus mehr darauf achten, wo und wie ihre Kleidung hergestellt wird.“ Die meisten Textilunternehmen hätten sich deswegen Initiativen zur Sozialen Verantwortung angeschlossen. Doch Kirsten Clodius hat den Eindruck, dass einige sich mit so einem Siegel nur eine weiße Weste verschaffen wollen.

Kritisch betrachtet CCC etwa die Business Social Compliance Initiative (BSCI), in der über 600 Handelsunternehmen vertreten sind, darunter Lidl, Otto, Intersport oder Prenatal. Die BSCI kümmere sich weder sich darum, dass Arbeiterinnen einen existenzsichernden Lohn erhalten, noch gebe es bei den Zulieferfirmen ein Beschwerdesystem. BSCI sei ein reiner Unternehmensverband.

Sportartikelriese Adidas mit 1236 Zulieferern in 69 Ländern hat sich der Fair Labor Association (FLA) angeschlossen, ein Zusammenschluss von Firmen, die menschenwürdige Arbeitsbedingungen sichergestellt wissen wollen. „Adidas hat Arbeitsplatzstandards entwickelt, die die Beseitigung aller Formen von Zwangs-, Pflicht- oder Kinderarbeit zusagt sowie die Diskriminierung im Beruf“, sagt eine Sprecherin. Die Zulieferfirmen erhielten regelmäßig – allerdings auch angekündigte – Kontrollbesuche.

Wie viel diese Besuche wert sind, offenbart das Beispiel H&M. Der schwedische Modekonzern ist ebenfalls Mitglied der FLA und hat seinen eigenen Kodex. Doch Vorfälle wie den vom Donnerstag hat er offenbar nicht verhindert.

CCC ist inzwischen auf ein anderes Problem gestoßen: „Seit die Kunden deutlich kritischer darauf schauen, wo und wie die gekaufte Ware produziert wird, wandern immer mehr Zulieferfirmen in die Illegalität ab.“ Parallel zu den gemeldeten Zulieferern entstünden inoffizielle kleinere Firmen, die in der Kontrollkette der Aufttraggeber gar nicht mehr auftauchen würden.