Berlin. Angesichts düsterer Prognosen fordert Verdi-Chef Frank Bsirske ein drittes Konjunkturpaket. Das soll noch einmal 100 Milliarden Euro und damit doppelt so viel wie sein Vorgänger umfassen. Andernfalls steuere Deutschland auf Verhältnisse wie 1932 zu. Eine höhere Neuverschuldung sei notwendig.
Zur Bekämpfung der Rezession hat Verdi-Chef Frank Bsirske ein drittes Konjunkturpaket gefordert. «Ein solches Paket muss deutlich größer als das zweite mit seinen 50 Milliarden sein und sich eher in einer Größenordnung bewegen, die doppelt so groß ist», sagte Bsirske in einem AP-Interview. Es müsse der Krise nachhaltiger etwas entgegen setzen als seine Vorgängermodelle.
Niveau von 1931/32
Bsirske begründete seine Forderung mit den immer schlechter werdenden Konjunkturprognosen. Als die Bundesregierung das zweite Paket geschnürt habe, sei sie noch von rund zwei Prozent Schrumpfung des Bruttoinlandprodukts ausgegangen. Diese Prognose sei längst überholt. Dem entsprechend müssten jetzt auch die Gegenmaßnahmen an die tatsächliche Entwicklung angepasst werden.
So sage die Commerzbank eine Schrumpfung des Bruttoinlandprodukts von bis zu sieben Prozent voraus, was auch das Wirtschaftsministerium als worst-case-Szenario nicht ausschließe. «Damit würden wir uns annähernd auf dem Niveau der Jahre 1931/32 bewegen, in beiden Jahren sank das Bruttoinlandsprodukt um rund 7,5 Prozent», sagte der Gewerkschafter. «Da wird deutlich, wie dramatisch die Lage ist und wie unterdimensioniert, daran gemessen, die beiden bisherigen Konjunkturpakete ausgestaltet sind.»
Profiteure sollen Zeche zahlen
Bsirske kündigte noch für den April ein eigenes Verdi-Konzept an. «Wir brauchen deutlich mehr öffentliche Investitionen in Bildung, Umwelt, öffentliche Infrastruktur und entscheidende Maßnahmen zur Stärkung der Massenkaufkraft.»
Zur Finanzierung eines neuen Konjunkturprogramms sei eine höhere Neuverschuldung notwendig, sagte der Verdi-Vorsitzende. Diese müsse aber mittelfristig eingebettet werden in eine Stärkung der öffentlichen Einnahmen. Die Zeche sollten die Profiteure der letzten Jahre zahlen. Im internationalen Vergleich sei Deutschland, was Vermögens- und Erbschaftsteuer anbetreffe, eine Steueroase, bei der Besteuerung der Unternehmensgewinne ein Niedrigsteuerland. Es sei hohe Zeit, zur Bewältigung der Krise die starken Schultern der Gesellschaft stärker zu belasten.
Höhere Besteuerung von Managerboni
Ein Mittel zur Ankurbelung der Binnenkaufkraft sieht Bsirske auch in der Einführung gesetzlicher Mindestlöhne. Daher werde auch die Kampagne «Stimmen für den Mindestlohn» vorangetrieben und der Druck auf Parteien wie FDP oder CDU/CSU erhöht, «die sich als Hungerlohnlobbyisten betätigen». Eine Wahlempfehlung spreche er aber nicht aus.
An der Höhe der Forderung von 7,50 Euro will Bsirske derzeit nicht rütteln, obwohl westeuropäische Nachbarstaaten schon deutlich darüber lägen. Wenn die Verankerung eines Mindestlohns jedoch gelungen sei, sei dies «ein Einstieg, von dem aus schnell auf ein Niveau neun Euro gegangen werden sollte».
In der Debatte über Managerboni in Zeiten der Finanzkrise forderte Bsirske eine höhere Besteuerung der Zulagen. Ab einer Größenordnung von zwei Millionen Euro sollten etwa 80 Prozent fällig werden. So könnte der Kultur der Maßlosigkeit wirksam begegnet werden. Zudem müsse Schluss damit sein, dass Bonizahlungen unternehmensseitig von der Steuer abgesetzt werden könnten. (ap)