Essen. . Es ist ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswertes Duell: Auf der einen Seite steht Klaus Hubert Görg, einer der bundesweit prominentesten Insolvenzverwalter – auf der anderen Seite Thomas Middelhoff, der einstige Strahlemann unter Deutschlands Managern, dessen Ruf durch die Pleite des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor enorm gelitten hat.
Es ist ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswertes Duell: Auf der einen Seite steht Klaus Hubert Görg, einer der bundesweit prominentesten Insolvenzverwalter – auf der anderen Seite Thomas Middelhoff, der einstige Strahlemann unter Deutschlands Managern, dessen Ruf durch die Pleite des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor enorm gelitten hat. Görg wirft Middelhoff vor, durch gravierende Fehler einen gigantischen Schaden beim Essener Handels- und Touristikkonzern verursacht zu haben.
Seit April läuft ein spektakulärer Schadenersatzprozess vor dem Essener Landgericht. Görg hat den einstigen Arcandor-Chef und zehn weitere frühere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder auf Schadenersatz in Höhe von 175 Millionen Euro verklagt. Er wirft den Managern vor, nachteilige Mietverträge für fünf Karstadt-Warenhäuser ohne die erforderliche rechtliche Prüfung abgeschlossen zu haben.
Nun eskaliert der juristische Streit. Die Schadenersatzsumme, die Görg von Middelhoff verlangt, ist ohnehin rekordverdächtig. Doch womöglich ist die Dimension des Falls noch größer als erwartet. Jedenfalls hat Görg jetzt eine neue Schadensberechnung vorgelegt. Demnach soll Arcandor durch umstrittene Immobiliengeschäfte des einstigen Managements ein Schaden von 210 bis 234 Millionen Euro entstanden sein.
Arcandor soll ein Schaden von bis zu 234 Millionen Euro entstanden sein
Der Hintergrund ist komplex: Karstadt hatte in den Jahren 2001 bis 2003 fünf Warenhäuser an den Standorten Karlsruhe, Leipzig, München, Potsdam und Wiesbaden an die Oppenheim-Esch-Gruppe verkauft und nach umfangreicher Sanierung zurückgemietet. Nach Überzeugung von Görg geschah dies zu denkbar ungünstigen Konditionen für die Warenhauskette. Die Immobilien seien unter Marktwert verkauft worden, dennoch hätten die Mieten deutlich über den marktüblichen Sätzen gelegen.
Bislang sind die Fronten in dem Verfahren verhärtet. Ein juristischer Kompromiss, der in dem Zivilverfahren möglich wäre, galt zuletzt als nahezu undenkbar. Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel: Es geht um Millionensummen und – fast ebenso wichtig – die Reputation der Akteure.
Es geht um die Reputation der Akteure
In einem Beschluss (Aktenzeichen 41 O 45/10) des Essener Landgerichts, der dieser Zeitung vorliegt, legt die Kammer den Konfliktparteien eine „einvernehmliche Lösung“ nahe. Richterin Regina Pohlmann räumt in dem Schreiben an Görg und Middelhoff ein, dass es schwierig werden dürfte, Licht ins Dunkel der Arcandor-Vergangenheit zu bringen. Es erscheine „fraglich, ob die zum Teil lange zurückliegenden Vorgänge heute noch aufgeklärt werden können“.
Einen für Ende August geplanten Gerichtstermin sagte die Kammer ab. Die Verhandlung soll nun erst am 15. Februar 2012 – einen Tag vor Weiberfastnacht – fortgesetzt werden. „Von einer Verzögerung kann aber keine Rede sein“, betont ein Gerichtssprecher. Schließlich werden in einem Zivilverfahren in der Regel die meisten Fakten auf dem schriftlichen Weg geklärt.
Kammer legt „einvernehmliche Lösung“ nahe
Der Aktenberg im Fall Görg gegen Middelhoff dürfte jedenfalls noch beträchtlich größer werden. Schon zum Prozessauftakt schickten Görg, Middelhoff und Co. 22 Juristen ins Rennen. Die Hauptakteure selbst blieben dem Landgericht fern. Das könnte sich am Tag vor Weiberfastnacht ändern. Richterin Pohlmann ließ in ihrem Beschluss ausdrücklich offen, ob sie die Duellanten zur Anwesenheit verpflichten wird.
Klar ist auch: Der Fall ist nur eine Etappe des Prozessmarathons, der Middelhoff bevorsteht. Eine zweite Schadenersatzklage von Görg dreht sich um hohe Bonuszahlungen, teure Privatjets oder Luxus-Wein auf Firmenkosten. Görg fordert von Middelhoff und anderen Managern Boni, Reisekosten und Spesen in Millionenhöhe zurück. Allein Middelhoff soll mehr als elf Millionen Euro zahlen. Der Manager selbst wies die Vorwürfe stets zurück.