Berlin. . Das Atom-Moratorium der Bundesregierung endet frühestens Freitag. Doch die meisten der betroffenen acht Atomkraftwerke bleiben abgeschaltet – RWE hält sich die Entscheidung allerdings weiter offen.

Die dreimonatige Zwangspause für die sieben ältesten deutschen Meiler und Krümmel endet am Freitag. Dann dürfen die Betreiber ihre Reaktoren teils wieder ans Netz nehmen, wenn auch nur bis Mitte Juli, wenn der Beschluss zur endgültigen Stilllegung Gesetzeskraft erlangt. Solange klafft eine Gesetzeslücke, und die Meiler könnten noch einmal für einige Wochen produzieren.

Rein rechtlich sei eine Wiederinbetriebnahme bis Juli möglich, stellte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch klar. Informationen der Agentur Reuters zufolge will der Stromkonzern EnBW seine beiden seit Mitte März stillstehenden Atomkraftwerke nicht wieder in Betrieb nehmen. Nach dem bereits angekündigten Aus für den Alt-Reaktor Neckarwestheim I soll auch der 1979 in Betrieb genommene Meiler Philippsburg I vom Netz bleiben. „Der Reaktor wird nicht wieder angefahren“, sagte eine mit der Situation vertraute Person Reuters am Mittwoch. Offiziell behielt sich der Konzern die Entscheidung vor.

Die beiden Atommeiler waren am 16. März nach der Atom-Katastrophe in Japan abgeschaltet worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte kurz nach der Atom-Katastrophe von Fukushima ein dreimonatiges Moratorium ausgerufen; die sieben ältesten Atomkraftwerke und Krümmel sollten in dieser Zeit abgeschaltet bleiben.

RWE hat sich noch nicht festgelegt

Zuvor hatte Energieversorger E.ON bereits erklärt, dass er seine abgeschalteten Kraftwerke Isar 1 und Unterweser nicht mehr anfährt. Die Vattenfall-Reaktoren Krümmel und Brunsbüttel lieferten schon vor dem Moratorium keinen Strom und bleiben ohnehin abgeschaltet. RWE dagegen hat sich noch nicht festgelegt, ob Biblis A und Biblis B wieder ans Netz sollen. „Es ist noch keine Entscheidung getroffen worden“, sagte ein RWE-Sprecher am Mittwoch.

Streit gibt es sogar um das Ende der Frist. Das Moratorium war am 14. März verkündet worden. Aus Sicht der Regierung enden die drei Monate aber erst am 18. Juni, weil erst einige Tage nach Merkels Ankündigung die Länder die Abschaltung der Reaktoren verfügt hatten. EnBW erklärte auf Anfrage, die Frist ende am 17. Juni.

Der Energieexperte der Umweltorganisation Greenpeace, Tobias Münchmeyer, warnte die Konzerne: „Das Wiederanfahren von Reaktoren, die drei Monate lang stillgestanden haben, würde die Menge an Radioaktivität und die Wärmeleistung im Reaktorkern drastisch erhöhen.“ Das Moratorium der Bundesregierung sei zu kurz gewesen.

Länder haben Änderungswünsche

Am Freitag befassen sich die Länder erstmals im Bundesrat mit dem Gesetzespaket zum Atomausstieg; am 8. Juli soll die Länderkammer abschließend darüber beraten. Änderungsbedarf sehen sie vor allem bei der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Diese soll insgesamt 1,5 Milliarden Euro pro Jahr in Form von Steuerausfällen kosten, wie es in einer Stellungnahme des Bundesrats-Finanzausschusses heißt. Rund 900 Millionen Euro davon müssten aber nach Plänen der Bundesregierung die Länder und Gemeinden tragen. Ländervertreter fordern dafür einen Ausgleich vom Bund. Für dieses eine Gesetz braucht die Regierung die Zustimmung des Bundesrats, wie das Finanzministerium mitteilte. Man werde Gespräche mit der Länderkammer führen.

Grundsätzlich begrüßen die Bundesländer den geplanten schrittweisen Ausstieg aus der Atomkraft bis zum Jahr 2022. Allerdings empfiehlt der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats, die Möglichkeit der Übertragung von Reststrommengen aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Auch gehe der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht schnell genug. Ihr Anteil solle bis 2020 nicht nur auf 35, sondern auf 40 Prozent steigen. Für das Atomgesetz und das Erneuerbare-Energien-Gesetz benötigt die Regierung aber keine Zustimmung des Bundesrats.

Grüne knüpfen Zustimmung an Bedingungen

Die Grünen im Bundestag knüpfen ihre Zustimmung zum Energiepaket bei der Abstimmung am 30. Juni an Bedingungen. Fraktionschefin Renate Künast sagte im ZDF, zwar sei die Unterstützung der Rücknahme der Laufzeitverlängerung für die Grünen nur logisch. Allerdings gebe es beim Gesamtpaket noch einigen Verbesserungsbedarf. Als Beispiel nannte auch sie die Pläne zur Gebäudesanierung, zur Endlagersuche sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Grünen wollen auf einem Parteitag am 25. Juni über die Energiepolitik beraten.

Auch in den Reihen der schwarz-gelben Koalition gibt es Widerstände. So kündigte der stellvertretende Chef der Unionsfraktion, Arnold Vaatz, in der „Zeit“ an, dass er mit Nein stimmen werde - „selbst wenn ich der Einzige bin“. Auch andere Abgeordnete aus den Reihen der Koalition hatten sich bereits skeptisch geäußert. (dapd, rtr)