Düsseldorf. Landeswirtschaftsminister Harry K. Voigts­berger (SPD) warnt vor schwerwiegenden Benachteiligungen des Industriestandorts NRW durch den Emissionshandel. Ab 2013 drohten Land und Kommunen allein Steuerausfälle von mehr als 650 Millionen Euro pro Jahr.

. Landeswirtschaftsminister Harry K. Voigts­berger (SPD) warnt vor schwerwiegenden Benachteiligungen des Industriestandorts NRW durch den Emissionshandel. Ab 2013 drohten Land und Kommunen allein Steuerausfälle von mehr als 650 Millionen Euro pro Jahr, weil in NRW 44 Prozent des deutschen CO2-Ausstoßes anfallen würden und die Unternehmen hierfür steuerlich absetzbare Zertifikate ersteigern müssten.

An den Erlösen des Emissionshandels werde NRW zudem vom Bund wegen einer vergleichsweise schlechten Pro-Kopf-Umweltbilanz unzureichend beteiligt. Damit versucht Voigtsberger offenbar, industriepolitisch Profil zu gewinnen.

Kompensation gefordert

„Wir fordern die Bundesregierung auf, umgehend für eine Kompensation der Länder entsprechend ihres Finanzbeitrags zu sorgen, sonst findet durch die Hintertür eine massive Umverteilung zu Lasten von NRW statt“, sagte Voigts­berger dieser Zeitung. Es gehe um eine Kompensation der Steuermindereinnahmen und eine gerechtere Beteiligung des größten deutschen Industrielandes an den Einnahmen aus dem Handel mit Verschmutzungsrechten. Im Fachausschuss des Bundesrates hat der Wirtschaftsminister Ende März bereits breite Unterstützung für seinen Vorstoß gefunden. Allerdings ist die Länderkammer formal nicht entscheidungsbefugt.

Voigtsbergers Initiative ist innerhalb der Landesregierung offenbar nicht mit dem Koalitionspartner abgestimmt. Für Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) sei das Prinzip, dass hoher CO2-Ausstoß bestraft und Druck zur industriellen Umgestaltung erzeugt werden müsse, nicht verhandelbar, wird in Voigtsbergers Umfeld geklagt. Das Umweltministerium bestreitet, dass es einen Zielkonflikt gebe.

Ruhrgebiets-Städte besonders betroffen

Voigtsbergers Sorge: Nur wenn sich die nordrhein-westfälische Landesregierung endlich deutlicher für eine Abmilderung der finanziellen Folgen des Emissionshandels einsetze, könne man damit auch bei der Bundesregierung Gehör finden.

Besonders groß dürfte die Betroffenheit einiger Ruhrgebiets-Städte sein: Sie müssen über ihre Stadtwerke als Teilhaber von Kraftwerken für CO2-Zertifikate zahlen und gleichzeitig daraus resultierende Steuerausfälle verkraften.

Von den bundesweit ab 2013 erwarteten Einnahmen aus der Zertifikat-Versteigerung von rund zehn Milliarden Euro werden bis zu fünf Milliarden Euro aus NRW stammen. Zugleich muss NRW fast die Hälfte der gesamten Steuerausfälle hinnehmen.

NRW war 2010 größter Zahler

Bei der bundesweiten Verteilung der Erlöse aus dem Emissionshandel sieht es ebenfalls düster aus: Laut Berechnungen des Bundesverbandes der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind schon heute Bundesländer mit großer Bevölkerung, wenigen energieintensiven Unternehmen, hohem Windaufkommen und starker Sonneneinstrahlung enorm im Vorteil. So gehörte 2010 Bayern mit einem Plus von rund 1,01 Milliarden Euro zu den großen Gewinnern des Erneuerbare Energiengesetzes (EEG), NRW hingegen war mit einem Minus von 1,3 Milliarden Euro der mit Abstand größte Zahler.

SPD-Mann Voigtsberger scheint nicht länger bereit, diese Schieflage im Namen des nationalen Klimaschutzes hinzunehmen: „Es kann nicht sein, dass NRW die Stütze der deutschen Energieversorgung bildet und diese dann auch noch für alle finanziert.“