Duisburg. . Im Duisburger Haniel-Konzern streiten sich Top-Manager untereinander. Die Eigentümer-Familie ist von dem Zwist alles andere als begeistert. Doch der Mischkonzern kann gute Zahlen für 2010 vorlegen.

Die Haniel-Zentrale wirkt wie ein Stadtteil im Duisburger Stadtteil Ruhrort. Was sich hinter der verspiegelten Fassade tat, blieb stets im Verborgenen. Das hat sich geändert, nachdem Jürgen Kluge Anfang 2010 den Vorstandsvorsitz des Mischkonzerns übernahm. Seine Interviews sorgen für Irritationen.

Insbesondere die mehr als 650 Familienmitglieder, denen der Haniel-Konzern gehört, sind offenbar gar nicht amüsiert über ihren Statthalter in Ruhrort, der das Unternehmen öffentlich als Dornröschen bezeichnet, das er wachküssen will. Schon zum Amtsantritt hatte Kluge für Wirbel gesorgt, als er über die hohe Geburtenrate in der Familie Haniel philosophierte. Und er bekennt offenherzig, dass er den Erfolg von Öffentlichkeitsarbeit nicht länger daran messen will, dass Medien möglichst wenig über Haniel berichten.

Richtigen Ärger bekam der ehemalige McKinsey-Unternehmensberater aber in den letzten Tagen, als er sich via Zeitungsinterview mit dem Vorstand von Celesio, der Pharma-Tochter des Haniel-Konzerns, anlegte. Kluge mahnte darin eine Strategie an, wie sich der Pharmagroßhändler von staatlich regulierten Arznei- und Gesundheitsmärkten befreien könne.

Nüchterne Einschätzung

Der Celesio-Vorstand reagierte mit einem aufsehenerregenden Schritt: Er schrieb einen Brief an seinen Aufsichtsratsvorsitzenden Kluge, der offenbar auch an die Öffentlichkeit lanciert werden sollte: Darin werfen die Top-Manager ihrem obersten Chef vor, dem Unternehmen zu schaden und mahnten ihrerseits Klarheit an, ob Haniel Celesio verkaufen wolle.

Bei der Bilanzpressekonferenz gestern in Ruhrort verteidigte Kluge sein Verhalten. „Eine nüchterne, realistische Einschätzung ist langfristig am besten“, sagte er und bedauerte, dass der Brief des Celesio-Vorstands öffentlich geworden war.

Familie hält zu Kluge

Ganz so diplomatisch ging es am Samstag allerdings nicht zu, als sich der Haniel-Familienclan im noblen Curio-Haus in Hamburg-Rotherbaum zur Gesellschafterversammlung traf. Verschwiegen, wie die wohlhabenden Anteilseigner sind, drang offiziell nichts nach außen. Intern soll man indes klare Worte über die interne Geschwätzigkeit gefunden haben. Am Ende aber hielt das Oberhaupt der Familie, Franz M. Haniel, wohl doch weiter zu Kluge.

Zumal der Vorstandschef im vergangenen Jahr mit seinem Konzern nach der Krise 2009 wieder glänzende Zahlen erwirtschaftete. Das Ergebnis vor Steuern vervierfachte sich nahezu. Der Clan kann sich also wieder auf eine Dividenden-Ausschüttung von 60 Millionen Euro freuen. Zudem will die Metro, die zu 34 Prozent Haniel gehört und die das Beteiligungsergebnis für die Duisburger verdreifacht hat, ihre Dividende erhöhen.

Guter Start ins Jahr 2011

Abgesehen von den wirtschaftlichen Unwägbarkeiten in Japan und Nordafrika, die er „externe Unsicherheiten“ nennt, sieht Kluge die wirtschaftliche Entwicklung auch für 2011 optimistisch: „In den ersten vier Monaten liegen wir schon deutlich über Plan und den Zahlen des Vorjahrs“, sagte der Vorstandsvorsitzende.

Eine Baustelle bleibt die hohe Verschuldung von 5,2 Milliarden Euro. Auch wenn Haniel die Eigenkapitalquote im vergangenen Jahr von 37 auf 38 Prozent steigerte und zum Schuldenabbau einige Immobilien von Real- und Metro-Märkten veräußerte.

Kluge plant weitere Zukäufe von Unternehmen, will sich dafür aber nicht weiter verschulden. Das passt zur neuen Nachhaltigkeits-Strategie, die Haniel „enkelfähig“ nennt. Ob die Anteilseigner der Familie auch den Vorstandsvorsitzenden Jürgen Kluge für „enkelfähig“ erachten, wird die nähere Zukunft zeigen.