Mülheim. . Über hohe Stromrechnungen ärgern sich nicht nur die Haushalte. Auch die Wirtschaft ächzt unter den Kosten. „Die deutsche Energiepolitik gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie“, sagt Stefan Dobelke, Geschäftsführer der Gesellschaft für Stromwirtschaft (GFST) in Mülheim.

Über hohe Stromrechnungen ärgern sich nicht nur die Haushalte. Auch die Wirtschaft ächzt unter den Kosten. „Die deutsche Energiepolitik gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie“, sagt Stefan Dobelke, Geschäftsführer der Gesellschaft für Stromwirtschaft (GFST) in Mülheim. Die Atomkatastrophe in Japan verschärft die Situation aus seiner Sicht noch weiter.

Dobelke weiß, wovon er redet. Die GFST ist die älteste und größte Einkaufsgesellschaft für Strom und Gas. Drei Prozent der deutschen Industrie lassen ihren Strom über das zwölfköpfige Mülheimer Team beschaffen und die Verträge mit den Energieversorgern aushandeln. 80 energieintensive Unternehmen sind Gesellschafter der GFST. Unter ihnen sind Thyssen-Krupp, Arcelor-Mittal, Buderus, Georgsmarienhütte, Saarstahl, Salzgitter AG und Vodafone. Für 400 Produktionsstätten kauft die GFST jährlich zehn Milliarden Kilowattstunden Strom und 18 Milliarden Kilowattstunden Gas ein. Das entspricht in etwa der zweieinhalb mal so großen Strommenge, die eine Stadt wie Düsseldorf mit allen ansässigen Industriebetrieben verbraucht. Beim Erdgas ist es der doppelte Wert.

Die Mülheimer kaufen gezielt an der Leipziger Strombörse ein und handeln für ihre Kunden die Verträge aus. Drei Mitarbeiter blicken ununterbrochen auf die Preisentwicklung in Leipzig und greifen zu, wenn der Zeitpunkt günstig ist. „Durch unsere Dienstleistungen haben die Gesellschafter im vergangenen Jahr zehn Millionen Euro eingespart“, rechnet Dobelke vor.

Nach der Atomkatastrophe in Japan steigen allerdings die Strompreise. „Es gibt einen sprunghaften Anstieg. Noch einmal zehn Prozent kommen oben drauf“, sagt Dobelke. Und er geht davon aus, dass das Niveau dauerhaft so hoch bleiben wird.

Der GFST-Manager sieht den Grund dafür in der von der Bundesregierung verfügten Abschaltung von sieben deutschen Kernkraftwerken: „Die Betreiber der Atomkraftwerke haben ihren Strom schon verkauft.“ Doch die Lieferverpflichtungen bleiben bestehen. Wenn die Anlagen vom Netz gehen, müssten die Energiekonzerne Strommengen an der Börse kaufen, was die Preise treiben würde.

Hinzu kommt, dass inzwischen ein Drittel des Strompreises „staatliche Lasten“ seien, sagt Dobelke. Er begrüßt zwar, dass der Strommarkt seit dem Jahr 2000 liberalisiert ist. „Davon betroffen ist aber nur ein Bruchteil des Strompreises, den wir nutzen können. Es kommen immer mehr Lasten oben drauf. Die Marge der Energieversorger, über die wir verhandeln können, ist im Verhältnis zu den Gesamtkosten klein.“

Staat kassiert mit

Scharfe Kritik übt der GFST-Geschäftsführer insbesondere am Erneuerbare-Energien-Gesetz: „Die EEG-Umlage ist unkalkulierbar geworden.“ Allein von 2010 auf 2011 sei die Umlage pro Kilowattstunde Strom um 73 Prozent gestiegen. „Und es geht immer weiter nach oben.“ Die Folge: „In Deutschland haben wir eine völlige Überförderung der Solarenergie.“

Dobelke schlägt als Alternative ein Quotensystem nach britischem Vorbild vor: Unternehmen müssen nachweisen, dass sie zehn Prozent ihres Bedarfs aus erneuerbaren Energien decken. Dafür kaufen sie sich Zertifikate.

Zusätzlich benachteiligt würden deutsche Unternehmen durch eine Wettbewerbsverzerrung innerhalb der EU. Dobelke: „Frankreich, Spanien und Italien etwa bieten ihren Unternehmen subventionierte Strompreise an. In Deutschland aber werden die staatlichen Lasten immer größer.“