Essen. . Das Internet-Unternehmen Groupon gilt als die am schnellsten wachsende Firma der Welt. Medienberichten zufolge wollte sie Google im Dezember für sechs Milliarden Dollar kaufen. Groupon hat ein einfaches und altes Geschäftsmodell: Es verdient an Gutscheinen.

Sein Name verbindet das englische Wort für Gruppe (group) und das französische Wort für Gutschein (coupon): Groupon. Das US-Unternehmen will in 40 Ländern den Markt erobern. 4000 Beschäftigte in mehr als 560 Städten arbeiten derzeit für das Internet-Portal, das eigenen Angaben zufolge bereits über 50 Millionen Mitglieder zählt. Laut „Wallstreet Journal“ steigerte Groupon den Umsatz im vergangenen Jahr von 33 auf 760 Millionen Dollar – ein Plus von 2200 Prozent.

Zahlen wie diese beflügeln die Phantasie: Angeblich soll die erst im November 2008 in Chicago gegründete Firma im Dezember 2010 ein Übernahmeangebot von Google ausgeschlagen haben: Sechs Milliarden Dollar wollte der Suchmaschinen-Konzern Medienberichten zufolge auf den Tisch legen.

Groupon hat ein einfaches und altes Geschäftsmodell: Schnäppchen-Jagd per Gutschein. In den USA gibt es diese von Unternehmen zu Marketingzwecken genutzte Idee bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts. Groupon hat sie ins Heute übersetzt und verschickt die Coupons als E-Mail statt sie einer Zeitung beizulegen oder in Briefkästen zu werfen. Interessierte wählen dazu auf der Internetseite eine der verfügbaren Städte aus, registrieren sich und bekommen regelmäßig Angebote. Finden sich genug Käufer, kommen die Geschäfte zustande: Dann gibt es 50 Prozent Rabatt auf einen Haarschnitt in Köln, 60 Prozent auf ein Mittagessen in München oder eine Reise nach London. Die Hälfte des Gutschein-Wertes streicht Groupon ein. Gezahlt wird per Vorkasse, der Coupon kann ausgedruckt werden.

Gezahlt wird per Vorkasse

Ob und wie viel Gewinn das US-Unternehmen damit macht, ist Geheimsache. Groupon-Chef Andrew Mason – geboren 1981, ein studierter Musiker – bügelt Fragen zum Profit regelmäßig ab. „Kein Kommentar“, pflegt er zu antworten oder „keine genauen Zahlen, bitte“. Mason spricht lieber über Visionen, Geld sei ihm sowieso nicht wichtig.

In einem Interview mit Focus-Online hat der Kopf des Gutschein-Anbieters Nummer eins erklärt, Groupon solle Teil des Lebens seiner Kunden werden. Die Firma könnte sich zum weltumspannenden Anbieter lokaler Dienstleistungen aufschwingen. „80 Prozent der Menschen geben ihr Einkommen im Umkreis von drei Kilometern von zu Hause aus“, sagt Mason. „Der Markt für lokalen elektronischen Handel ist gigantisch.“ Sein Unternehmen wolle die Art und Weise verändern, wie Menschen einkaufen.

Teures Wachstum

Ob Groupon das Zeug dazu hat, ist noch nicht entschieden. Die Akquise von Angeboten ist dem Internet-Blog Gründerszene zufolge personalintensiv und damit teuer. Nur wer Geschäfte anleiert, kann daran verdienen. Ebenfalls kostenintensiv: das Wachstum. Um in weitere Länder vorzudringen, arbeitet Groupon mit Wettbewerbern zusammen. Übersetzt heißt das: Das Unternehmen kauft weitere Gutschein-Anbieter auf, die seit Monaten wie Pilze aus dem Boden schießen. In Deutschland übernahm Groupon zuletzt das Berliner Start-Up CityDeal für einen Betrag im dreistelligen Millionenbereich, wie es heißt.

Stolpersteine auf dem Weg zum nachhaltigen Erfolg könnten neben hoher Kosten und Anbieterschwemme auch die Skepsis von Unternehmen und Verbrauchern sein: Einer Studie aus den USA zufolge sind Aktionen bei Groupon für fast ein Drittel der Firmen nicht profitabel gewesen. Und auch von Kunden und Verbraucherschützern gibt es Kritik an den Gutschein-Geschäften. „Nicht überall, wo billig draufsteht, ist auch billig drin“, sagt Christian Gollner von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er wolle Coupon-Dienste nicht „verteufeln“, der Verbraucher aber müsse jedes Angebot prüfen. Und auch bei den Bestimmungen zum Datenschutz lohne ein genauer Blick. Gollner: „Was genau mit den persönlichen Daten passiert, ist uns noch nicht ganz klar.“

Verbraucherschützer: Jedes Angebot prüfen

Groupon ist aber nur eines von vielen Internet-Unternehmen, die bei Banken und Investoren derzeit hoch im Kurs stehen. Sie stehen Schlange, um mit ihrem Geld das Wachstum des sozialen Internet-Netzwerks Facebook, des Kurznachrichtendienstes Twitter, des Online-Spiele-Entwicklers Zynga oder eben von Groupon zu beschleunigen.

Obwohl erst vor Monaten oder Jahren gegründet, werden sie mit Milliarden Dollar bewertet. Facebook soll be­reits 65 Milliarden Dollar (46,5 Milliarden Euro) wert sein, Twitter 45 Milliarden, Zynga 5,4 Milliarden Dollar.

Investoren stehen Schlage

So atemberaubend ist die Entwicklung, dass vorsichtige Analysten bereits vor einer Blase warnen und an die sogenannte Dotcom-Krise vor über zehn Jahren erinnern. Diese hatte ab März 2000 an den Börsen haufenweise Geld vernichtet, weil Milliarden in substanzlose Geschäftsmodellen versickerten, und die Weltwirtschaft auf Talfahrt ge­schickt. Der Deutsche Aktienindex rutschte bis zum Jahr 2003 auf 2200 Punkte und der sogenannte Neue Markt löste sich quasi auf.

Ob eine Wiederholung droht, beurteilen Experten un­einheitlich. Für Analysten der Deutschen Bank sei es zu früh für eine abschließende Bewertung. Von den hoch be­werteten Internet-Unternehmen seien bisher nur wenige an der Börse notiert. Entsprechend könnten bei Krisen bisher noch keine Kurse ab­schmieren und andere Branchen mit in den Strudel hineinreißen.