Wolfsburg. .

Mit Sponsoring für den VfL Wolfsburg wollten Manager der Telekom-Tochter T-Systems offenbar millionenschwere VW-Aufträge ergattern. Die Bestechung flog auf, die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen fünf Beteiligte bei T-Systems und VW.

Bereits am Mittwoch waren bundesweit acht Wohnungen und Büroräume durchsucht worden, darunter auch bei VW in Wolfsburg und beim VfL. Der Bundesligist ist eine VW-Tochter.

Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Stuttgart hatten sich zwei T-Systems-Manager und zwei VW-Einkäufer im vergangenen Jahr so geeinigt: T-System verlängert seinen im Herbst 2010 ausgelaufenen Sponsoring-Vertrag mit dem VfL um weitere vier Jahre, im Gegenzug erhält T-Systems Aufträge von VW. Das Sponsoring hätte T-Systems jährlich einen einstelligen Millionenbetrag gekostet. Die VW-Aufträge sollten mehrere hundert Millionen Euro einbringen.

Nach Informationen der Braunschweiger Zeitung ist kein Geld geflossen. Das Verfahren geht auf eine Anzeige der Telekom zurück, die Unregelmäßigkeiten bei ihrer Tocjter T-Systems festegstellt hatte.

Die Ermittlungen in dem Fall führt die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Dort hat T-Systems seinen Sitz, dort sei zumindest ein Teil der Absprachen getroffen worden, sagte Staatsanwältin Claudia Krauth gestern unserer Zeitung. „Durchsuchungen gab es außer im Großraum Braunschweig in den Großräumen Stuttgart, Frankfurt und Berlin“, sagte Krauth.

Der Vorwurf gegen die Beschuldigten: Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in besonders schwerem Fall. Ermittelt wird gegen zwei VW-Einkäufer, gegen zwei ehemalige T-Systems-Manager, darunter den bereits entlassenen Vertriebschef, und gegen einen Berater von T-Systems. Volkswagen bestätigte den Sachverhalt. „Wir unterstüten die Ermittlungen nach Kräften“, sagte VW-Sprecher Michael Brendel unserer Zeitung und betonte: „Nach bisherigen Erkenntnissen ist kein Geld geflossen.“ Weder einzelne Mitarbeiter noch das Unternehmen hätten sich bereichert. Es gebe auch keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten des VfL Wolfsburg. Das bestätigte gestern auch Staatasanwältin Krauth: „Niemand hat sich persönlich bereichert.“ Aber bei Korruption zähle schon die Absicht. „Und das Versprechen stand im Raum.“ Welches Motiv speziell die VW-Einkäufer gehabt haben könnten, bleibt damit rätselhaft.

Ins Rollen gebracht hatte die Sache die T-Systems-Mutter Telekom. Bei internen Prüfungen waren Unregelmäßigkeiten aufgefallen. Ein Telekom-Sprecher sagte unserer Zeitung gestern: „Wir haben es mit einem internen Hinweisgeber zu tun.“

Der Antrieb der T-Systems-Vertriebler dürfte im Versuch liegen, der Firma einen begehrten Großkunden zu sichern. Aber was mag die beiden VW-Einkäufer bewogen haben? Selber Kasse machen wollten sie offenbar nicht, ebensowenig die T-Systems-Leute. Der Staatsanwaltschaft liegen darauf keine Hinweise vor.

Was dahintersteckt, können also bislang nicht einmal die Ermittler erhellen. Hinweise darauf, dass die Beteiligten möglicherweise auf Anweisung gehandelt haben, gibt es jedenfalls nicht.

Im Detail ging es in der Abmachung darum, den Mitte 2010 auslaufenden Sponsorenvertrag mit dem VfL Wolfsburg zu verlängern. Dieser hatte schon vor der Übernahme der damaligen Volkswagen-IT-Tochter Gedas durch T-Systems bestanden, wie ein Telekom-Sprecher unserer Zeitung erläuterte.

Für das Sponsoring wollten die VW-Mitarbeiter darauf hinwirken, dass erstens ein bestehender Vertrag zwischen VW und T-Systems zugunsten von T-Systems geändert wird und dass zweitens neue Verträge geschlossen werden, wie Staatsanwältin Claudia Krauth gestern erläuterte. „Dazu kam es aber nicht“, sagte Krauth. Die Telekom-Spitze habe der Verlängerung des Sponsorings nicht zugestimmt. Weder wurden Verträge unterzeichnet, noch flossen die anvisierten Millionen.

Für die Ermittler ist dies allerdings nicht von Bedeutung. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft liegen auch so vollendete Bestechung und vollendete Bestechlichkeit vor. „Das Versprechen stand im Raum, und die andere Seite hat sich ein Versprechen geben lassen“, sagte Krauth. Es sei also geplant gewesen, dass Geld in großen Beträgen fließt.

Die Unternehmen stehen nicht unter Verdacht

Im Falle einer Verurteilung drohen den fünf Beschuldigten wegen Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr Haftstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren, denn die Staatsanwaltschaft geht wegen der angepeilten Millionensummen von einem besonders schweren Fall aus.

Ob Volkswagen die betroffenen Mitarbeiter freigestellt hat, war am Dienstag nicht zu erfahren. T-Systems hat sich von seinen beschuldigten Mitarbeitern bereits Ende vergangenen Jahres getrennt, darunter der damalige Vertriebschef. „Intern war die Angelegenheit damit für uns abgeschlossen“, sagte ein Sprecher.

Allerdings gab der Konzern die Unterlagen danach an die Staatsanwaltschaft Stuttgart weiter. Die Ermittler prüften den Sachverhalt auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen. Von Volkswagen hieß es gestern, die konzerneigene Revisionsabteilung werde ebenfalls eigene Untersuchungen anstellen. Aus gegenwärtiger Sicht sei aber nicht erkennbar, dass sich einzelne Mitarbeiter oder das Unternehmen bereichert hätten.

Tatsächlich stehen weder Volkswagen noch T-Systems im Visier der Ermittler, ebensowenig der VfL Wolfsburg. Die VfL Wolfsburg Fußball GmbH, 2001 gegründet, ist seit Dezember 2007 eine 100-Prozent-Tochter der Volkswagen AG. Geschäftsführer ist Dieter Hoeneß, Aufsichtsratsvorsitzender ist der VW-Einkaufsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz.