Das geplante Landesklimaschutzgesetz wird zur Belastungsprobe für die Regierungskoalition in NRW. Umweltminister Remmel (Grüne) will die Energiewende erzwingen. Die SPD steht vor einer Grundsatzentscheidung.

In dem Entwurf eines Landesklimaschutzgesetzes greift NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) nach der Verantwortung für die Raum- und Landesplanung. Die Opposition beschwört das Endes des Industriestandorts. Doch auch dem Wirtschaftsflügel der SPD gehen die Machtansprüche Remmels und der Ausstieg aus der Kohleverstromung offenbar zu weit.

Der Klimaschutzminister macht Ernst. Remmel will erstmals in Deutschland in einem Bundesland Klimaziele verbindlich in einem Gesetz festschreiben. So vereinbarten es SPD und Grüne im Koalitionsvertrag. Ende 2010 einigte sich das Landeskabinett auf die Eckpunkte. Schritt für Schritt soll der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids verringert werden. Zur Mitte des Jahrhunderts sollen die Emissionen um 80 bis 95 Prozent gesenkt sein. Für das Energieland NRW, das für über ein Drittel der bundesweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist, bedeutet dies mehr als eine Zäsur. Es müsste sich schlichtweg neu erfinden.

Der Gesetzentwurf des Umweltministeriums, der dieser Zeitung vorliegt, ist noch nicht mit der SPD abgestimmt. Doch er enthält einen politischen Sprengsatz. Die verbindlichen Klimaziele, heißt es in Paragraf 6, sollen als Ziele der Raum- und Landesplanung festgelegt werden. Paragraf 8 legt fest, dass alle neuen Gesetze mit den Klimazielen vereinbar sein müssen. Be­stehende Regeln müssten ge­gebenenfalls geändert werden. Kurz: Der Klimaschutzminister hätte bei jeder Industrieansiedlung das letzte Wort.

Schmusekurs mit der CDU?

Für die Opposition ist das Papier eine Steilvorlage. „Der Entwurf ist der absolute Hammer“, sagte Dietmar Brockes, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP im Landtag, dieser Zeitung. „Damit würde der ganze Industriestandort NRW in Frage gestellt und die Wirtschaftspolitik dem grünen Umweltdiktat unterstellt.“ Die CDU sieht NRW auf dem Weg vom Industrieland zur Indus­triebrache. Hunderttausende Arbeitsplätze seien in Gefahr.

In wenigen Wochen, so heißt es im Umweltministerium, soll der Entwurf in die Ressortabstimmung gehen. Der Prüfer: Harry Kurt Voigtsberger (SPD), Minister für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr.

Damit müssen die Sozialdemokraten nun Farbe bekennen und sagen, ob sie eine Energiewende im Kohleland NRW mittragen wollen. Laut Entwurf setzt Remmel bei der CO2-Einsparung insbesondere auf den Ausbau der erneuerbaren Energien. Alle Großkraftwerk-Projekte, nicht nur das Eon-Kraftwerk in Datteln, würden so mit dem Klimaschutzgesetz kollidieren.

In der Energiefrage aber gilt die SPD als gespalten. Im Wirtschaftsflügel mehren sich Stimmen, die Nachteile für den Industriestandort be­fürchten. Die gehen auf Schmusekurs zur CDU, heißt es in Düsseldorf.