Essen.. Staus, schlechte Straßen und fehlende Bus- und Bahnverbindungen von Nord nach Süd: Die Mobilität hält der neue Chefwirtschaftsförderer Thomas Westphal für die größte Schwachstelle des Ruhrgebiets.

Wirtschaftlich abgehängt, wenig Bereitschaft zur Zusammenarbeit der Städte, Strukturschwäche – von all diesen viel zitierten Eigenschaften des Ruhrgebiets will Thomas Westphal nichts wissen. Für den neuen Chefwirtschaftsförderer und Geschäftsführer der Metropole Ruhr GmbH ist das Revier „Pionier des Wandels“ und „wachsender Wirtschaftsstandort“.

Westphal tritt in große Fußstapfen. Der am 2. März 2010 gestorbene Hanns-Ludwig Brauser kannte sich in der Region aus, verfügte über exzellente Kontakte und Netzwerke in Politik und Wirtschaft. Die muss sich der 44-jährige gebürtige Lübecker, der zuletzt in Mannheim arbeitete, erst einmal aufbauen.

Davor ist Westphal aber nicht bange. „Unternehmen, Stadt und Politik – alle drei Welten wirken bei der Wirtschaftsförderung mit“, sagte er gestern auf einer Pressekonferenz. „Und ich war in jeder tätig.“ Bei seiner Ausbildung zum Verwaltungsbeamten in Schleswig-Holstein, als Juso-Bundesvorsitzender und in der freien Wirtschaft. Nun lautet sein Ziel: „Als Geschäftsführer der Metropole Ruhr GmbH will ich diese Welten zusammen bringen.“

Eigenständige Städte

Dass einige kommunale Wirtschaftsförderer neue Akzente setzen und die Idee der fusionierten Ruhrstadt beerdigen wollen (wir berichteten), schreckt Westphal ebenfalls nicht. „Wir sollten uns nicht in symbolischen Diskussionen verheddern. Ich wünsche mir eigenständige Städte in einer vernetzten Region“, so der neue Metropole-Ruhr-Chef. „Ich möchte keine Verwaltungsdebatte zur Unzeit.“

Stattdessen will sich Westphal auf vier Themenfelder konzentrieren:

Wirtschaftsförderung soll nicht nur Branchen in den Fokus nehmen, sondern auch einzelne Unternehmen. In ihnen schlummerten Potenziale für die Region, die sonst unerkannt blieben.

Westphal will erreichen, dass sich Revier-Firmen stärker wissenschaftlichen Einrichtungen öffnen.

Auto contra iPhone

Um Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen, müsse es für Unternehmen Anreize geben, einfache Tätigkeiten anzubieten.

Oberste Priorität genießt für Westphal aber die Verkehrssituation: „Mobilität ist die größte mögliche Verwundbarkeit des Ruhrgebiets.“ Er lässt gerade untersuchen, ob der Trend „Auto contra iPhone“ auch im Revier zu spüren ist.

Denn bundesweit gingen die Zahlen Jugendlicher zurück, die einen Führerschein machen, auf Bus und Bahn setzten und das eingesparte Geld lieber für Telekommunikation ausgeben. Westphal: „Wir müssen die Realität wahrnehmen: Das Auto ist nicht mehr so entscheidend. Im Ruhrgebiet können wir es uns nicht leisten, dass es in einer Familie vier Pkw gibt.“