Karlsruhe. Der ehemalige EnBW-Chef Utz Claassen will die Zahlung seines Übergangsgeldes per Gerichtsentscheid erzwingen. Einen Teilerfolg gegen seinen Ex-Arbeitgeber verbuchte er bereits. Ob das Gericht jedoch ein Urteil fällt, ist fraglich. Alles läuft auf eine außergerichtliche Einigung hinaus.

Am liebsten wäre Utz Claassen offenbar eine dicke Abfindung. So lautete jedenfalls der erste Vorschlag des Anwalts des ehemaligen EnBW-Vorstandschefs, als sich am Donnerstag vor dem Landgericht Karlsruhe abzeichnet, dass sich der Energiekonzern mit einem schwammigen Vertrag in die Bredouille gebracht hat.

Wegen der unklaren, vom Gericht stark gescholtenen Regelung muss Claassen keine Auskunft darüber erteilen, wie viel er inzwischen als Berater beim US-Finanzinvestor Cerberus verdient. EnBW hatte das Einkommen auf die jährlich knapp 400 000 Euro Übergangsgeld für Claassen anrechnen wollen und die Zahlung im Dezember 2008 gestoppt.

Für EnBW ist Abfindung kein Thema

Eine Abfindung kommt für EnBW hingegen «mit Sicherheit nicht in Frage», wie der Anwalt des Unternehmens betonte. Claassen wolle nur eine Millionensumme herausschlagen, «und zwei Monate später hat er einen neuen Vorstandsjob bei Porsche». Claassen grinste. «Porsche wäre nicht schlecht», sagte er süffisant und verwies auf die 50 Millionen Euro Abfindung von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Bei so einer Summe, versicherte der 46-Jährige, würde er 70 Prozent stiften und nicht nur die Hälfte wie Wiedeking.

Der streitbare Manager Claassen hatte sich nach «Differenzen» im Herbst 2007 von EnBW verabschiedet. Dabei wurde vereinbart, dass er Ruhe- oder Übergangsgeld bis zu seinem 63. Lebensjahr erhalten soll - in der Summe wären das etwa sieben Millionen Euro. Verschiedene Arten von Einkünften sollten aber auf diese Bezüge angerechnet werden und sie reduzieren. Allerdings ist nur ungenau definiert welche.

Wegen des Berater-Jobs von Claassen bei Cerberus stellte EnBW die Zahlungen zum Jahresbeginn 2009 ein. Claassen aber sieht die Bezüge von Cerberus nicht von der Klausel berührt, weil es sich nicht um «Gehalt, Tantieme oder Ruhegehalt» handele, sondern um ein Honorar.

Hausaufgaben für die Streithähne

Das Gericht sah es am Donnerstag nicht als Gegenstand der Verhandlung an, diese strittige Frage zu lösen. Es gebe «keine gesetzliche Definition der Begriffe, die hier drinstehen», sagte die Vorsitzende Richterin Angela Jaeger. Die Kammer sei «ein bisschen erschüttert über so unklar formulierte Verträge». Claassen habe wegen der unklaren Regelung recht, seine Einkünfte nicht vollständig anzugeben. Jaeger appellierte an die beiden Parteien, sich noch einmal «zusammenzusetzen». Andernfalls sei ein weiterer Prozess nötig. Das komme auch in der Öffentlichkeit «nicht gut an», warnte Jaeger.

Die Vorsitzende Richterin will im Herbst bekanntgeben, ob Claassens Klage stattgegeben wird. So hätten die Parteien Zeit, sich noch vorher zu einigen. Jaeger kritisierte, dass die Angelegenheit überhaupt vor Gericht gelandet sei und »die ganzen Argumente inzwischen über Presse und Medien ausgetauscht werden«.

Neuer Prozess unwahrscheinlich

Claassen, der als Kläger auftritt, schiebt die Schuld EnBW zu vor. »Wir haben diesen Prozess nicht gewollt, wir sind in diesen Prozess hineingezogen worden«, betonte er. Außerdem könne man ihm nicht vorwerfen, dass der Vertrag Unklarheiten aufweise, die nun zu seinen Gunsten ausfallen. Es habe sich um eine »Standardformulierung« gehandelt, die er unterzeichnet habe. Er zeigte sich optimistisch, dass in den kommenden Wochen eine »einvernehmliche Lösung« zustande kommt. Auch sein Anwalt hält einen neuen Prozess für »Blödsinn«.

Während sich zumindest ein Zuschauer als Anhänger von Claassen outete und um ein Autogramm bat, konnte EnBW-Aufsichtsratschef Claus Dieter Hoffmann seine Verbitterung über den Manager kaum verbergen. Er habe von Claassen keine andere Verhaltensweise erwartet, sagte Hoffmann. Ähnlichen Fällen hat EnBW einen Riegel vorgeschoben. Der Konzern arbeite inzwischen mit ganz anderen Verträgen, betonte Hoffmann. Es seien auch »keinerlei Übergangsgelder mehr vereinbart" worden. (ddp)