Frankfurt. .
Die Börsianer blicken optimistisch ins Jahr 2011. Viele sehen den Deutschen Aktienindex Dax auf dem Weg zu 9000 Punkten. Nur wenige machen auf Risiken aufmerksam.
Die Börsenexperten waren alles andere als pessimistisch. Ende 2009 trauten sie nach einem guten Jahr dem Deutschen Aktienindex Dax für 2010 einen weiteren deutlichen Sprung nach oben zu - von 5.957 auf im Schnitt gut 6300 Zähler, ein Plus von etwa sieben Prozent. Aber nicht einmal eine Handvoll traf mit der Prognose von 6900 bis 7100 Punkte richtig ins Schwarze. „Besser wir liegen so daneben,“ sagt Ulrich Kater, Chef-Volkswirt der Deka-Bank heute. Am Ende hat der deutsche Aktienmarkt 2010 zwar die Marke von 7000 Punkten, die im Jahresverlauf mehrfach deutlich überschritten wurde, verpasst, aber mit einem Endstand von 6914 Punkten und einem Plus 16 Prozent eines seiner besten Jahre seit der Jahrtausendwende hingelegt. 2009 war es um knapp 24 Prozent nach oben gegangen nach dem dramatischen Absturz der Kurse um mehr als 40 Prozent ein Jahr zuvor.
Wer Anfang 2010 auf die richtigen Aktien gesetzt hat, konnte den Dax sogar um Längen schlagen. VW, BMW und Infineon liegen mit Aufschlägen zwischen 80 und 90 Prozent an der Spitze, MAN kommt auf ein Plus von 70, Siemens auf fast 50 Prozent. Auch Lufthansa, K+S, Daimler und BASF haben Anlegern mit einem Anstieg von je rund 40 Prozent viel Freude bereitet. Die großen Verlierer sind E.ON und RWE mit Abschlägen von deutlich mehr als 20 und die Deutsche Bank mit einem Minus von fast 15 Prozent.
Noch größer als im Dax sind die Pluszeichen im MDax für mittelgroße Unternehmen. Die Vorzüge von Pro7 Sat 1 Media verbuchen fast 190 Prozent plus, die Boss Vorzüge stolze 130 Prozent. Im TecDax der Technologie-Firmen liegt Adva Optical mit nahezu 140 Prozent an der Spitze, Solar-Firmen sind mit Abschlägen von 40 bis 70 Prozent die großen Verlierer.
Getragen wurde der Aufschwung an der Börse vor allem von der dramatischen Konjunkturerholung in Deutschland und dem rasant laufenden Export. Zugleich haben die Firmen ihre Strukturen weiter bereinigt. Niedrige Zinsen und Inflation sowie fehlende Anlagealternativen halfen ebenfalls. Die Schuldenkrise in Euroland erwies sich nur zeitweise als Hindernis.
Rosige Aussichten wegen des Mangels an Anlagealternativen
Und 2011? Trotz der steilen Bergfahrt mit einem Plus im Dax von rund 90 Prozent seit dem Tiefstand im März 2009 bleibt die Mehrzahl der Beobachter zuversichtlich. Der Dax-Rekord von 8151 Punkten vom Juli 2007 rückt in Reichweite. Aber die Spanne der Voraussagen ist beträchtlich - sie reicht von 6200 bis auf mehr als 9000 Punkten. Die Skeptiker sind deutlich in der Minderheit - trotz der Krise in Euro-Land. Oder vielleicht deswegen: Denn Staatsanleihen dürften 2011 noch uninteressanter werden. Großinvestoren wie Versicherungen, Stiftungen und Pensionskassen werden deshalb, wie bislang, kaum auf Aktien verzichten können, wenn sie ihre Renditevorgaben erreichen wollen.
Neben dem Mangel an Anlagealternativen sprechen die weiter rosigen Konjunkturaussichten in Deutschland und in den Schwellenländern wie auch die niedrigen Zinsen für Dividendentitel. Experten rechnen erst 2012 mit einer Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB). Einen wichtigen Grund für Aktieninvestments liefern die Firmen selbst. Der Betriebsgewinn der 30 Dax-Konzerne dürfte 2010, so heißt es bei Ernst&Young, um rund 70 Prozent gestiegen sein. Entsprechend üppig fallen die Dividenden aus. 25 Milliarden Euro werden allein die Dax-Firmen ausschütten, rund fünf Milliarden mehr als 2010.
Schuldenkrise und die schwachen USA könnten die Entwicklung hemmen
„Das Umfeld ist optimal,“ schwärmt Ralf Grönemeyer, Chefstratege von Silvia Quandt Research. Die Unternehmen würden mehr und mehr ihre „Restrukturierungsdividende“ einfahren. Grönemeyer ist geradezu euphorisch, sieht den Dax auf dem Weg zur Marke von 9000 Punkten. Auch Andreas Hürkamp von der Commerzbank könnte sich dies vorstellen. Da dies aber zu perfekt wäre, begnügt sich er mit der Prognose von „nur“ 8200 Punkten. Klar ist: Die meisten Auguren erwarten weiter steigende Kurse und den Dax Ende 2011 zwischen 7500 und 8000 Punkten.
Zu den wenigen Skeptikern gehört Gertrud Traud, Chef-Volkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen. Nach dem rasanten Kursanstieg gebe es „kein signifikantes Potential“ mehr. Wegen der schwächeren Konjunktur und höherer Kosten für Energie und Rohstoffe würden die Unternehmensgewinne sinken. Konsequenz: Der Dax rutsche auf 6200 Punkte ab. Keine rosigen, aber auch keine abwegigen Aussichten. Schließlich ist die Schuldenkrise in Euroland nicht ausgestanden. In den USA sieht es da noch schlechter aus. Ob die Konjunktur dort wieder in Fahrt kommt steht in den Sternen. Wie auch nicht klar ist, ob China das Wachstumstempo wirklich halten kann. Fragen, die Börsianer auch 2011 beschäftigen. Sie sind entscheidend für den Export. Davon hängt bei deutschen Firmen viel ab. Sehr viel.