Berlin/Essen..
Bürger verschicken wieder mehr handgeschriebene Grüße. Gut 650 Millionen Glückwunschkarten verschickten die Deutschen in diesem Jahr. Die Produzenten und Händler erwirtschafteten einen Umsatz von knapp einer Milliarde Euro.
Zu Weihnachten bekommen viele Menschen den einzigen angenehmen und persönlich unterschriebenen Brief des ganzen Jahres. Während sonst nur Rechnungen im Briefkasten liegen und E-Mails die elektronischen Postfächer füllen, ist die traditionelle Weihnachtskarte eine freundliche Ausnahme. Nachdem sie jahrelang mehr und mehr aus der Mode kam, scheint sie nun eine kleine Renaissance zu erfahren.
Gut 650 Millionen Glückwunschkarten verschickten die Deutschen in diesem Jahr – ein beträchtlicher Teil davon waren Weihnachtskarten. Die Produzenten und Händler erwirtschafteten einen Umsatz von knapp einer Milliarde Euro. Diese Zahlen klingen erst einmal erstaunlich hoch – rechnerisch würde jeder Bundesbürger pro Jahr sieben Karten versenden. Die Menge kommt zusammen, indem Unternehmen mehrere hundert oder gar tausende Karten zugleich verschicken.
Allerdings habe sich die Glückwunschpost früher noch viel größerer Beliebtheit erfreut, sagt Günter Garbrecht, der Vizevorsitzende des Branchenverbandes AVG. „Der Verkaufsrückgang liegt wohl an einer gewissen Distanz zu christlichen Festen“, so Garbrecht, dessen Verband ein rundes Dutzend deutscher Karten-Hersteller vertritt. Manchen Bürgern würden Weihnachten, Ostern und andere kirchliche Feiertage zunehmend unwichtig, weshalb die Nachfrage nach Glückwunschkarten sinke.
Das Ende der Krise
Seit 2000 machte sich aber auch die Konkurrenz der elektronischen Post bemerkbar. Als Millionen Menschen begannen, Internet und Mobiltelefone zu nutzen, probierten sie die modernen Möglichkeiten zunächst weitlich aus. Freunde, Kollegen und Bekannte bekamen mit einem Knopfdruck dieselbe Weihnachtsmail. Gedruckte Karten blieben in den Läden liegen.
Elektronische Glückwünsche haben zwei Vorteile. Erstens kosten sie meistens nichts. Denn viele Internetseiten bieten gestaltete Briefe gratis zum Herunterladen an – in der Regel mit dem Hintergedanken, dadurch gleichzeitig Werbung zu verbreiten. Zweitens machen Massenmails weniger Arbeit als handgeschriebene Karten.
Gerade damit hängt aber auch ein Nachteil zusammen. Elektronische Post ist weniger individuell. Meist bekommen Dutzende Adressaten denselben Anhang. Je länger man mit dem Internet umgeht, desto eher rücken solche Bedenken in den Vordergrund. Das Ergebnis: Zumindest in manchen Kreisen und Schichten wird das Schreiben mit Füller oder Kugelschreiber wieder populärer. „Seit 2008 steigen die Verkäufe von Glückwunschkarten an“, sagt Verbandschef Garbrecht.
Von der persönlichen Note profitiert auch das Kinderhilfswerk Unicef Deutschland, das im letzten Jahr wieder rund zwölf Millionen Weihnachtskarten verkaufte. Dreiviertel des Erlöses, also 10,5 Millionen Euro, fließen in Unicef-Kinderprojekte auf der ganzen Welt. „Nach der Krise verschicken die Unternehmen wieder deutlich mehr Weihnachtskarten“, so Unicef-Sprecher Rudi Tarneden. Bei Privatpersonen sei die Schreibfreude ohnehin stabil geblieben: „Die gute alte Weihnachtskarte hat immer ihren Stellenwert.“