Berlin. Börsennotierte Konzerne haben so viele weibliche Vorstände wie nie. Ihr Gehalt stellte zuletzt das der Männer in den Schatten.

Zwar nicht bei den Vorstandschefs, aber immerhin als Mitglieder in Vorständen deutscher, börsennotierter Großunternehmen hatten zuletzt immer mehr Frauen das Sagen. Das geht aus einer aktuellen Erhebung der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY hervor. Demnach saßen in den 160 in Dax, MDax und SDax gelisteten Konzernen 136 Frauen auf Vorstandsposten – 14 mehr als noch ein Jahr zuvor.

Damit ist laut EY knapp jedes fünfte Vorstandsmitglied (19,6 Prozent) dieser Unternehmen weiblich. Gehaltsmäßig liegen die Managerinnen oft vor ihren männlichen Kollegen. Die Gesamtvergütung eines weiblichen Vorstandsmitglieds – für die Berechnung wurden allerdings die Gehälter der Vorstandschefs nicht berücksichtigt – lag 2023 durchschnittlich bei 2,42 Millionen Euro. Männer auf so einem Posten kamen auf einen Wert von 2,26 Millionen Euro.

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Frauen in Vorständen: Begehrt und deshalb teuer

EY-Partner Jens Massmann hat für die Zahlen eine einfache Erklärung: „Gerade bei den Top-Konzernen war der Druck, diverse Vorstände aufzubauen, in den vergangenen Jahren recht hoch. Geeignete Kandidatinnen waren rar und teuer. Deshalb wurden sie zum Teil höher entlohnt als ihre männlichen Kollegen“, sagte Massmann im Gespräch mit dieser Redaktion.

Die Statistik bei EY mit Blick auf die durchschnittlichen Gehälter in den Vorstandsetagen führen seit 2015 die Frauen an. Vor knapp zehn Jahren hatte die damalige Bundesregierung gesetzliche Änderungen auf den Weg gebracht, die den Frauenanteil in Führungspositionen erhöhen sollten. Zunächst galt eine Quote lediglich für den Aufsichtsrat, seit 2022 gilt auch eine Vorgabe für Vorstände.

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Frauen in Vorständen: Im Dax gab es viele Wechsel in den Chefetagen

Innerhalb von Dax-Konzernen, also Deutschlands größten Unternehmen, überholten Frauen erstmals 2016 ihre männlichen Kollegen mit Blick auf das durchschnittliche Gehalt. Der Trend hielt bis zum Jahr 2022 an. 2023 lagen dann plötzlich Männer wieder vorne. EY-Partner Massmann erklärt das auch mit den vielen Wechseln in den Chefetagen der Unternehmen. „Es gab eine recht hohe Rotation in diesem Jahr. Und auch für Frauen gilt dann: Wenn sie neu in einen Job einsteigen, liegt das Gehalt häufig zunächst niedriger als bei den zuvor ausgeschiedenen Vorständen, die möglicherweise schon ein paar Jahre dabei waren.“ 2023 war die Zahl weiblicher Vorstandsmitglieder im Dax laut EY von 37 auf 44 gestiegen.

Dass Frauen nach einiger Zeit wieder aus den Vorständen ausscheiden, sei Massmanns Worten zufolge kein Anzeichen für schlechte Arbeit. „Es gibt schlicht einen aktiveren Arbeitsmarkt für Frauen in diesen Spitzenpositionen. Also: Wer gut ist, wird auch mal abgeworben“, erklärte er. Ein Anzeichen dafür, dass Frauen nicht schlechter, sondern besser performen würden, sieht der Experte in den variablen Vergütungen. Bei den kleineren, im SDax notierten, Konzernen bekamen weibliche Vorstandsmitglieder 2023 einen durchschnittlichen Bonus in Höhe von 785.000 Euro – Männer hingegen lagen im Schnitt bei 774.000 Euro.

Seit drei Monaten Chefin eines Dax-Konzerns: Bettina Orlopp
Bettina Orlopp ist seit Oktober 2024 Vorstandschefin der Commerzbank. © DPA Images | Helmut Fricke

Frauen in Vorständen: Bis ganz nach oben dauert es länger

Nur auf dem Top-Level besteht noch immer große Ungleichheit: Nur vier von 40 Vorstandschefs im Dax sind im Moment Frauen. Experte Massmann sieht darin vor allem historische Gründe. „Dass Frauen in Vorständen jahrelang unterrepräsentiert waren, schlägt hier durch“, sagte er. Grundsätzlich gelte: Man müsse sich erst auf einem Vorstandsposten beweisen, bevor man dann die Verantwortung für ein ganzes Unternehmen bekäme. Er gehe davon aus, dass in den kommenden Jahren auch die Zahl der weiblichen CEOs steige.

Dann würde sich nochmal eine ganz neue Gehaltsliga für sie öffnen: Belén Garijo zum Beispiel, die den deutschen Chemie- und Pharmakonzern Merck leitet, kam 2023 auf einen Jahresverdienst von mehr als zehn Millionen Euro.